Getreide: Internationaler und heimischer Markt hoffen auf durchschrittene Talsohle
Offensichtlich Notbremse Russlands bei Dumping - neue umstrittene Wojciechowski-Pläne
An den internationalen Märkten und am Kassamarkt hierzulande werden Stimmen lauter, die meinen, die Talsohle der Getreide-, Mais und Ölsaatenpreise könnte durchschritten sein. Sowohl an Terminbörsen wie der Euronext in Paris als auch an Produktenbörsen wie in Wien trat diese Woche zumindest eine Stabilisierung mit Seitwärtsbewegung, wenn nicht sogar leichter Befestigung der Notierungen ein. Dafür spreche eine Reihe von Faktoren, so Marktteilnehmer: Trockenheit in nördlichen und westlichen Regionen der EU sowie in den USA mit sinkenden Ernteprognosen und sich verschlechternden Bestandsbonitierungen. Dazu kommen immer wieder Eskalationen des Ukraine-Krieges, Beschwerden Kiews, Russland sabotiere die Umsetzung des Getreidedeals, und Drohungen Moskaus, diesen überhaupt gleich platzen zu lassen.
Nichts ändern daran konnten eine schwache Exportkonjunktur in den USA und der EU als Folge der Preisschleuderei Russlands sowie ein für Weizen als bearish interpretierter WASDE-Bericht, der anstatt bisher einer Unter- nunmehr von einer Überversorgung der Welt mit Weizen 2023/24 ausgeht. Denn es heißt, der WASDE-Report habe die jüngsten dürrebedingten Ertragsschmälerungen noch nicht eingearbeitet.
Russland zieht offensichtlich Notbremse bei Preisdumping
Offensichtlich dürfte auch der Regierung in Moskau das Dumping der internationalen Weizenpreise durch die Räumung der russischen Weizenlager um jeden Preis schon zu dumm werden. Nachdem die Exportpreise für russischen Weizen in Schwarzmeer-Tiefseehäfen bis vorige Woche auf 225 USD/t (207,97 Euro) auf fob-Basis (free on board) gefallen waren, zog man offensichtlich die Notbremse. Russischen Medien zufolge habe das Landwirtschaftsministerium Exporteuren eine "freiwillige" Preisuntergrenze von 240 USD/t (221,83 Euro) "empfohlen". Allerdings wird dies nicht offiziell beziehungsweise von allen Marktteilnehmern bestätigt.
In der Folge soll laut agrarzeitung.de jedenfalls eine russische Exportgesellschaft für Aufregung gesorgt haben, indem sie versucht habe, ein Gebot für einen ägyptischen Weizentender über 55.000 t Weizen zu 225 USD/t wieder zurückzuziehen. Offensichtlich sei ihr vom Ministerium die Exporterlaubnis entzogen worden. Zudem habe Moskau die Exportabgaben auf umgerechnet rund 32 Euro/t gesenkt, da der Weizenhandel selbst für russische Verhältnisse unwirtschaftlich geworden zu sein scheint und die heimischen Erzeugerpreise gestärkt werden sollten.
Wojciechowski will restliche 330 Mio. Euro aus Krisenreserve an 22 EU-Staaten verteilen
Für weitere Aufregung sorgt EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Die Kommission bemüht sich zwar zu betonen, der umstrittene Eingriff in die Binnenmarktprinzipien durch das Importverbot ukrainischer Agrargüter in die fünf östlichen Ukraine-Anrainer der EU (Polen, Bulgarien, Ungarn, Slowakei und Rumänien) werde nach seiner Verlängerung bis 15. September auslaufen, doch kam der Kommissar am informellen Agrarrat in Schweden diese Woche mit einem neuen Vorschlag: Nachdem die Verteilung von 100 Mio. Euro aus der Krisenreserve an diese fünf Länder medial als politische Willfährigkeit und Wahlkampfaktion verurteilt worden waren, will er nun den Rest von 330 Mio. Euro aus der Krisenreserve an die bisher nicht berücksichtigten 22 anderen EU-Mitgliedstaaten verteilen. Zuvor schon sind an diese Länder 56 Mio. Euro aus der EU-Kassa mit der Möglichkeit der nationalen Aufdoppelung ausgeschüttet worden. Die Aufteilung der 330 Mio. Euro an die 22 Staaten solle nach deren Anteilen an den Direktzahlungen vorgenommen werden. Für Österreich, so Marktexperten, bedeute dies den symbolischen Betrag von rund 4 Mio. Euro. Kritik an diesem Plan kam bereits aus Deutschland und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bremste, indem sie zuvor stichhaltige Nachweise der Krisenschäden in den Zielländern einforderte.
Strategie Grains kürzt wegen Trockenheit Ernteprognosen für EU
Die französische Analyse Strategie Grains kürzte am Donnerstag wegen der Trockenheit in Spanien und im Norden der EU die Prognosen für die Weizen-, Gersten- und Maisernten der EU. Während die Versorgung mit Mais und Gerste eng werden könnte, bleibe sie jedoch beim Weizen reichlich. Demnach kürzt sie die Weichweizenproduktion gegenüber Mai um 1,3 Mio. t auf 128,7 Mio. t (+3% zum Vorjahr), die von Gerste um 2 Mio. t auf 47,9 Mio. t (-6% zum Vorjahr) und die von Mais um 0,9 Mio. t auf 61,2 Mio. t, was aber immer noch 17% mehr als im desaströsen Jahr 2022 wären.
Die EU wäre damit weiterhin auf Importe auch aus der Ukraine angewiesen, wobei aber die temporären Importbeschränkungen für die fünf Anrainerländer dazu führe, dass der Transit durch diese Länder die ukrainischen Agrarexporte in weiter westlich gelegene EU-Staaten dränge.
Euronext-Notierungen haben sich etwas stabilisiert
Nach Mehrmonats-Tiefpunkten Ende Mai haben sich die Notierungen an der Euronext in Paris zuletzt wieder etwas stabilisiert. Vom Freitag voriger Woche bis Donnerstag dieser Woche bewegte sich der Schlusskurs des für die neue Ernte stehenden September-Weizenkontrakts an der Euronext in Paris von 234,50 Euro/t auf 235,00 Euro/t. Dabei erreichte er am Dienstag infolge massiver Infragestellung des Getreidedeals durch Russland eine Spitze von 238,75 Euro/t, knickte am Mittwoch wieder ein und erholte sich dann wieder. Der Kontrakt auf Mais zur Lieferung im August schaffte es im Wochenabstand von 232,50 Euro/t auf 234,50 Euro/t. Raps mit Fälligkeit August - also aus Ernte 2023 - befestigte sich von 433,25 Euro/t auf 445,00 Euro/t mit der Spitze am Dienstag bei 448,50 Euro/t. Dem Raps kommen auch die sinkenden Ertragserwartungen in der EU zugute. Am Freitagmittag standen vor allen drei Kursen neuerlich positive Vorzeichen, insbesondere beim Raps mit einem Plus von 12 Euro auf 457,00 Euro/t.
Talsohle auch am österreichischen Kassamarkt durchschritten?
Diese Woche hieß es aus dem heimischen Getreidehandel, die Talsohle der Preise für Brotweizen am österreichischen Kassamarkt sollte durchschritten sein. Es werde aufgrund der internationalen Trends der vergangenen vierzehn Tage nunmehr mit einer Stabilisierung der Preise gerechnet. Für echte Anstiege der Preise sei aber die Nachfrage - auch nach neuer Ernte - noch zu dünn. Dennoch aber hätten sich die Geschäfte mit Brotgetreide und Mais etwas belebt, wohingegen bei Ölsaaten weiterhin Stille herrsche.
So verzeichneten bei der dieswöchigen Notierung an der Wiener Produktenbörse Mahlweizen leichte und Qualitätsweizen etwas deutlichere Kursgewinne. Mahlroggen hingegen verlor neuerlich. Es seien Restmengen für den Anschluss an die neue Ernte gedeckt worden und auch die Anlage von Qualitätsreserven für die kommende Saison fortgesetzt worden. Insgesamt aber sei der Getreidehandel hierzulande von einem nicht vorhergesehen Nachfragerückgang überrascht und am falschen Fuß erwischt worden. Verantwortlich dafür wird auch eine nicht so erwartete Preiselastizität gemacht.
Die Entwicklung der Weizenbestände hierzulande und auch in Italien lasse hoffen, dass entsprechend proteinreiche Partien aus der Ernte 2023 ihren Wert erhalten sollten. Bei den Aufmischweizen fürchte man am italienischen Markt weniger eine Konkurrenz durch ukrainische Billigangebote von Basisqualitäten. Dies zeige sich auch daran, dass Qualitäts- und vor allem Premiumweizen nach wie vor positive Preisabstände zur Euronext halten könnten, während diese für Mahlweizen ins Negative abgerutscht sind.
Die Deckung der Verarbeiter mit Ölsaaten scheine schon über die Ernte hinaus in aller Stille gesichert worden zu sein, so dass für immer weniger zeitnahe Liefertermine Quotierungen erfolgen. (Schluss) pos
Nichts ändern daran konnten eine schwache Exportkonjunktur in den USA und der EU als Folge der Preisschleuderei Russlands sowie ein für Weizen als bearish interpretierter WASDE-Bericht, der anstatt bisher einer Unter- nunmehr von einer Überversorgung der Welt mit Weizen 2023/24 ausgeht. Denn es heißt, der WASDE-Report habe die jüngsten dürrebedingten Ertragsschmälerungen noch nicht eingearbeitet.
Russland zieht offensichtlich Notbremse bei Preisdumping
Offensichtlich dürfte auch der Regierung in Moskau das Dumping der internationalen Weizenpreise durch die Räumung der russischen Weizenlager um jeden Preis schon zu dumm werden. Nachdem die Exportpreise für russischen Weizen in Schwarzmeer-Tiefseehäfen bis vorige Woche auf 225 USD/t (207,97 Euro) auf fob-Basis (free on board) gefallen waren, zog man offensichtlich die Notbremse. Russischen Medien zufolge habe das Landwirtschaftsministerium Exporteuren eine "freiwillige" Preisuntergrenze von 240 USD/t (221,83 Euro) "empfohlen". Allerdings wird dies nicht offiziell beziehungsweise von allen Marktteilnehmern bestätigt.
In der Folge soll laut agrarzeitung.de jedenfalls eine russische Exportgesellschaft für Aufregung gesorgt haben, indem sie versucht habe, ein Gebot für einen ägyptischen Weizentender über 55.000 t Weizen zu 225 USD/t wieder zurückzuziehen. Offensichtlich sei ihr vom Ministerium die Exporterlaubnis entzogen worden. Zudem habe Moskau die Exportabgaben auf umgerechnet rund 32 Euro/t gesenkt, da der Weizenhandel selbst für russische Verhältnisse unwirtschaftlich geworden zu sein scheint und die heimischen Erzeugerpreise gestärkt werden sollten.
Wojciechowski will restliche 330 Mio. Euro aus Krisenreserve an 22 EU-Staaten verteilen
Für weitere Aufregung sorgt EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski. Die Kommission bemüht sich zwar zu betonen, der umstrittene Eingriff in die Binnenmarktprinzipien durch das Importverbot ukrainischer Agrargüter in die fünf östlichen Ukraine-Anrainer der EU (Polen, Bulgarien, Ungarn, Slowakei und Rumänien) werde nach seiner Verlängerung bis 15. September auslaufen, doch kam der Kommissar am informellen Agrarrat in Schweden diese Woche mit einem neuen Vorschlag: Nachdem die Verteilung von 100 Mio. Euro aus der Krisenreserve an diese fünf Länder medial als politische Willfährigkeit und Wahlkampfaktion verurteilt worden waren, will er nun den Rest von 330 Mio. Euro aus der Krisenreserve an die bisher nicht berücksichtigten 22 anderen EU-Mitgliedstaaten verteilen. Zuvor schon sind an diese Länder 56 Mio. Euro aus der EU-Kassa mit der Möglichkeit der nationalen Aufdoppelung ausgeschüttet worden. Die Aufteilung der 330 Mio. Euro an die 22 Staaten solle nach deren Anteilen an den Direktzahlungen vorgenommen werden. Für Österreich, so Marktexperten, bedeute dies den symbolischen Betrag von rund 4 Mio. Euro. Kritik an diesem Plan kam bereits aus Deutschland und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bremste, indem sie zuvor stichhaltige Nachweise der Krisenschäden in den Zielländern einforderte.
Strategie Grains kürzt wegen Trockenheit Ernteprognosen für EU
Die französische Analyse Strategie Grains kürzte am Donnerstag wegen der Trockenheit in Spanien und im Norden der EU die Prognosen für die Weizen-, Gersten- und Maisernten der EU. Während die Versorgung mit Mais und Gerste eng werden könnte, bleibe sie jedoch beim Weizen reichlich. Demnach kürzt sie die Weichweizenproduktion gegenüber Mai um 1,3 Mio. t auf 128,7 Mio. t (+3% zum Vorjahr), die von Gerste um 2 Mio. t auf 47,9 Mio. t (-6% zum Vorjahr) und die von Mais um 0,9 Mio. t auf 61,2 Mio. t, was aber immer noch 17% mehr als im desaströsen Jahr 2022 wären.
Die EU wäre damit weiterhin auf Importe auch aus der Ukraine angewiesen, wobei aber die temporären Importbeschränkungen für die fünf Anrainerländer dazu führe, dass der Transit durch diese Länder die ukrainischen Agrarexporte in weiter westlich gelegene EU-Staaten dränge.
Euronext-Notierungen haben sich etwas stabilisiert
Nach Mehrmonats-Tiefpunkten Ende Mai haben sich die Notierungen an der Euronext in Paris zuletzt wieder etwas stabilisiert. Vom Freitag voriger Woche bis Donnerstag dieser Woche bewegte sich der Schlusskurs des für die neue Ernte stehenden September-Weizenkontrakts an der Euronext in Paris von 234,50 Euro/t auf 235,00 Euro/t. Dabei erreichte er am Dienstag infolge massiver Infragestellung des Getreidedeals durch Russland eine Spitze von 238,75 Euro/t, knickte am Mittwoch wieder ein und erholte sich dann wieder. Der Kontrakt auf Mais zur Lieferung im August schaffte es im Wochenabstand von 232,50 Euro/t auf 234,50 Euro/t. Raps mit Fälligkeit August - also aus Ernte 2023 - befestigte sich von 433,25 Euro/t auf 445,00 Euro/t mit der Spitze am Dienstag bei 448,50 Euro/t. Dem Raps kommen auch die sinkenden Ertragserwartungen in der EU zugute. Am Freitagmittag standen vor allen drei Kursen neuerlich positive Vorzeichen, insbesondere beim Raps mit einem Plus von 12 Euro auf 457,00 Euro/t.
Talsohle auch am österreichischen Kassamarkt durchschritten?
Diese Woche hieß es aus dem heimischen Getreidehandel, die Talsohle der Preise für Brotweizen am österreichischen Kassamarkt sollte durchschritten sein. Es werde aufgrund der internationalen Trends der vergangenen vierzehn Tage nunmehr mit einer Stabilisierung der Preise gerechnet. Für echte Anstiege der Preise sei aber die Nachfrage - auch nach neuer Ernte - noch zu dünn. Dennoch aber hätten sich die Geschäfte mit Brotgetreide und Mais etwas belebt, wohingegen bei Ölsaaten weiterhin Stille herrsche.
So verzeichneten bei der dieswöchigen Notierung an der Wiener Produktenbörse Mahlweizen leichte und Qualitätsweizen etwas deutlichere Kursgewinne. Mahlroggen hingegen verlor neuerlich. Es seien Restmengen für den Anschluss an die neue Ernte gedeckt worden und auch die Anlage von Qualitätsreserven für die kommende Saison fortgesetzt worden. Insgesamt aber sei der Getreidehandel hierzulande von einem nicht vorhergesehen Nachfragerückgang überrascht und am falschen Fuß erwischt worden. Verantwortlich dafür wird auch eine nicht so erwartete Preiselastizität gemacht.
Die Entwicklung der Weizenbestände hierzulande und auch in Italien lasse hoffen, dass entsprechend proteinreiche Partien aus der Ernte 2023 ihren Wert erhalten sollten. Bei den Aufmischweizen fürchte man am italienischen Markt weniger eine Konkurrenz durch ukrainische Billigangebote von Basisqualitäten. Dies zeige sich auch daran, dass Qualitäts- und vor allem Premiumweizen nach wie vor positive Preisabstände zur Euronext halten könnten, während diese für Mahlweizen ins Negative abgerutscht sind.
Die Deckung der Verarbeiter mit Ölsaaten scheine schon über die Ernte hinaus in aller Stille gesichert worden zu sein, so dass für immer weniger zeitnahe Liefertermine Quotierungen erfolgen. (Schluss) pos
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