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Millstatt, 21. Juni 2023 (aiz.info)

Almwirtschaftstagung zu brandaktuellen Themen von 21. bis 23. Juni in Millstatt

Vertretern der EU-Kommission wird eine Protestnote zur Wolfproblematik übergeben

Die österreichische Almwirtschaftstagung von 21. bis 23. Juni 2023 in Millstatt (Kärnten) thematisiert aktuelle große Herausforderungen der Almwirtschaft im gesamten Alpenraum wie etwa die unkontrollierte Ausbreitung von Wölfen und die damit einhergehenden massiven, negativen Auswirkungen. Initiativen wie Almen als Gesundheitslandschaft der Zukunft sowie das seit zehn Jahren erfolgreich laufende Projekt "Langzeitarbeitslose auf Kärntens Almen" werden auf der Tagung ebenso behandelt. Neben Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und hochrangigen Vertretern der EU-Kommission sind Experten aus ganz Österreich, Bayern, dem Allgäu, Südtirol, Friaul und der Schweiz in das südliche Bundesland angereist.
 
Schutzstatus senken: 122 Organisationen tragen Protestnote an EU-Kommission mit
 
In Kärnten - und nicht nur hier - ist die Almwirtschaft zentraler Bestandteil der bäuerlichen Produktion: Leider gibt es aber immer weniger Bauern, die auftreiben und immer weniger Tiere auf den Almen. So ist die Anzahl der Tiere in den letzten zehn Jahren um ca. 20% gesunken. Auch heuer werden wohl wieder weniger Tiere auf die Almen aufgetrieben werden. Dafür gibt es etliche Gründe - einer der wichtigsten ist aber unbestreitbar die Rückkehr der Wölfe.
 
Um bei der EU-Kommission Bewusstsein für die Notwendigkeit der Herabsetzung des Schutzstatus des Wolfs in der Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)Richtlinie zu schaffen, haben Landwirtschaftskammer Kärnten und Almwirtschaftsverein Kärnten gemeinsam den Direktor für Artenvielfalt in der EU-Kommission, Humberto Delgado Rosa, für einen Lokalaugenschein auf den Almen nach Millstatt eingeladen. Landwirtschaftskammer (LK) Kärnten-Präsident Siegfried Huber: "Die EU-Kommission befeuert mit dem sturen Festhalten am hohen Schutzstatus die unkontrollierte Ausbreitung der Wölfe in Kärnten und gefährdet damit das gesamte Gefüge im ländlichen Raum. Wir wollen dem zuständigen Spitzenbeamten der EU-Kommission vor Ort zeigen, dass Großraubtiere in einer besiedelten Kulturlandschaft, die landwirtschaftlich und touristisch genutzt wird, keinen Platz haben. Der Schutzstatus muss gesenkt und eine unbürokratische Bejagung möglich werden. Um dieser Forderung nach der Absenkung des Schutzstatus Nachdruck zu verleihen, werden wir Humberto Delgado Rosa eine Protestnote überreichen, in der wir fordern, dass der Schutzstatus von Wölfen herabgesetzt und ihre Bejagung erleichtert wird. Diese Raubtiere gehören in die Wildnis und haben in der Kulturlandschaft keinen Platz. 157 Repräsentanten von 122 unterschiedlichen Organisationen tragen die Protestnote mit." Huber weiter: "Ich freue mich, dass unsere Forderung von einer breiten Allianz von Gemeinden, Sozialpartnerorganisationen, dem Tourismus, aber auch Organisationen wie dem Alpenverein, Bio Austria Kärnten, dem Gemeindebund oder der Kärnten Werbung mitgetragen wird. Das ist ein starkes, gemeinsames Zeichen aus Kärnten an die EU-Kommission."
 
Auch Josef Obweger, Obmann des Almwirtschaftsvereins Kärnten und Mit-Initiator der Protestnote an die Kommission, sieht die Almwirtschaft massiv gefährdet und warnt vor den Folgen einer stark rückläufigen Almbewirtschaftung: "Es gibt mittlerweile bereits einige Schafbauern in Kärnten, die ihre Tiere im Sommer nicht mehr auf die Alm treiben. Bei einer weiteren Ausbreitung von Wölfen und der damit verbundenen Rudelbildung geraten zunehmend auch Rinder in Gefahr. Eine flächendeckende Almbewirtschaftung mit damit verbundener offener Kulturlandschaft mit hoher Biodiversität wird es dann in dieser Form nicht mehr geben."
 
Erich Schwärzler, Obmann der Almwirtschaft Österreich, verweist auf die österreichweite Bedeutung der Almen und die negativen Auswirkungen der Rückkehr der Großraubtiere: "Österreich hat mit seinen rund 8.000 Almen, auf denen etwa 300.000 Rinder, 107.000 Schafe, 13.700 Ziegen und 10.400 Pferde unter höchstem Tierwohl den Sommer verbringen, einen großen Schatz, um den uns viele Länder beneiden. Almen sind ein einzigartiger Lebens-, Wirtschafts-, Schutz-, Kultur- und Erholungsraum." Jahr für Jahr sorgen über 10.000 Almbewirtschafterinnen und Almbewirtschafter, Almverantwortliche und das Almpersonal dafür, dass das "oberste Stockwerk" der österreichischen Landwirtschaft gut gepflegt sowie erhalten bleibt und jahrhundertealte Traditionen fortgeführt werden, so Schwärzler. Und der Obmann der Almwirtschaft Österreich ergänzt: "Einheimische und Gäste aus aller Welt schätzen diese einzigartige Kulturlandschaft. Tourismus und Almwirtschaft sind 'Zukunftszwillinge'". Darüber hinaus seien die Almweiden eine wichtige Futtergrundlage für die Berglandwirtschaft und zeichnen sich durch eine besondere Artenvielfalt aus. All dies werde bei der heurigen österreichischen Almwirtschaftstagung in Kärnten sichtbar, jedoch werde auch gezeigt, dass die Almen massiv durch die Rückkehr der Großraubtiere bedroht seien. Schwärzler hat dazu eine klare Meinung: "Das 'Juwel Alm' darf nicht dem Wolf geopfert werden".
 
VGT betreibt Opfer-Täter-Umkehr
 
Huber sieht Kärnten auf dem richtigen Weg, was die Bejagung von Wölfen in Österreich betrifft. "Die Novelle der Wolfsverordnung mit der Herabsenkung der erforderlichen Risszahlen war ein absolut notwendiger Schritt in die richtige Richtung - erstmals sind seit dieser Woche Schadwölfe auf Almen zum Abschuss freigegeben." Empört zeigt sich Huber über das Vorgehen des Vereins gegen Tierfabriken (VGT), der in völliger Verkennung der Realität Opfer zu Tätern mache: "Einen Bauern, der ohnehin schon den Tod seiner Tiere verkraften muss, auch noch anzuzeigen, ist eine Frechheit. Hier wird versucht, das Opfer zum Täter zu machen. Die Landwirtschaftskammer wird dem betroffenen Landwirt jede rechtliche Unterstützung zukommen lassen, um eine Einstellung des Verfahrens wie in Salzburg zu erwirken." Abschließend dankt Huber dem Kärntner Almwirtschaftsverein für die enge Zusammenarbeit bei der Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung zum Thema Wolf sowie für die Organisation der Österreichischen Almwirtschaftstagung 2023.
 
Umfassendes Programm
 
Obweger, Organisator und Gastgeber der Almwirtschaftstagung, freut sich über zahlreiche internationale Besucher und dass es gelungen ist, ein spannendes und umfassendes Programm mit einem Mix aus Vorträgen, Diskussionen und Fachexkursionen auf Almen zu organisieren. Er skizziert die Schwerpunkte der Österreichischen Almwirtschaftstagung wie folgt: "Nach einer Vorstellung der Almbewirtschaftung im Veranstalterbundesland wird das gemeinnützige Erfolgsprojekt "Langzeitarbeitslose auf Kärntens Almen" vorgestellt. Georg Lexer erklärt den Tagungsteilnehmern, warum für ihn die Almen die Gesundheitslandschaft der Zukunft sind. Ein wesentlicher Schwerpunkt ist der Wolfsthematik gewidmet. Der Wolfsbeauftragte des Landes Kärnten, Roman Kirnbauer, wird die Entwicklung der letzten Jahre sowie Lösungsansätze seitens des Landes Kärnten aufzeigen. Danach werden Vertreter aus Bayern, Südtirol und der Schweiz die Situation in ihren Ländern berichten. Humberto Delgado Rosa, Direktor für Biodiversität bei der EU-Umweltkommission, wird den Schutz des Wolfes aus deren Sicht erläutern. Ein Zeichen der Wertschätzung der Arbeit der Almbäuerinnen und Almbauern ist die Teilnahme von Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig, der auch ein Referat über die Bedeutung der Almen für Österreich halten wird."
 
Am Donnerstag und Freitag stehen Exkursionen auf die Millstätteralm und den Biosphärenpark Nockberge am Programm, bei denen insgesamt acht unterschiedliche Almen von ihren Bewirtschaftern vorgestellt werden.
 
Gesundheitslandschaft der Zukunft
 
Lexer, Mediziner und Betreiber eines "Green Care"-Auszeithofs im Lesachtal, stellt in einem Vortrag im Rahmen der Österreichischen Almwirtschaftstagung einen ebenso interessanten wie aktuellen Aspekt in den Vordergrund: Die Alm als Gesundheitslandschaft der Zukunft. Lexer: "Der Aufenthalt bzw. das Wandern in einer intakten Kulturlandschaft - und das sind vor allem unsere Almen - ist besonders wertvoll für unsere Gesundheit. So lässt sich eine antidepressive, angstlösende Wirkung feststellen, werden Stress sowie aggressive Konflikte reduziert, verbessern sich die Konzentration und die Gedächtnisleistung. Dazu sinken Blutdruck und Herzfrequenz, erhöht sich die Sauerstoffaufnahme und vieles mehr. Auch bezüglich einer gesunden Ernährung kann man bei zahlreichen Produkten von der Alm von 'Medizin aus den Bergen' sprechen."
 
Lexer streicht hervor, dass die medizinische Wirkung der Kulturlandschaft Alm international bereits stärker geschätzt würde. So würden Almaufenthalte und Almwanderungen in Ländern wie Japan, Südkorea oder Kanada bereits per Rezept verordnet. Er sieht jedoch die positiven Wirkungen der Almen in Gefahr, "da diese Kulturlandschaft durch Großraubtiere bedroht ist", wie der Mediziner betont.
 
Die Protestnote, die an Humberto Delgado Rosa, Direktor für Artenvielfalt bei der EU-Kommission, übergeben wird, steht auf aiz.info als Download bereit. (Schluss)
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