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Wien, 13. Juli 2023 (aiz.info)

Kritische Reaktionen von heimischen Agrarvertretern zum Renaturierungsgesetz

Totschnig: Ziele sind überschießend und unrealistisch

Ernüchternd ist für viele heimische Agrarvertreter das gestrige Abstimmungsergebnis des EU-Parlaments, das mit knapper Mehrheit für das geplante Gesetz zur Wiederherstellung der Natur oder Renaturierungsgesetz stimmte. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sprach heute, Donnerstag, im Ö1-Morgenjournal von "überschießenden" und "unrealistischen" Zielen des Kommissionsvorschlages. Dieses würde die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln einschränken, da künftig weniger Fläche für die Produktion zur Verfügung stünde.
 
Das Gesetz sieht vor, dass die EU bis 2030 auf mindestens 20% ihrer Land- und Meeresflächen Renaturierungsmaßnahmen vornehmen muss. Das Referenzjahr ist 1953. "Wie hat denn damals Österreich ausgeschaut?", hinterfragte Totschnig kritisch in dem Interview. "Wie viel Fläche am Ende des Tages tatsächlich relevant ist, müsste - wenn einmal klar ist, wie der Entwurf ausschaut - gemeinsam mit der Europäischen Kommission ausverhandelt werden", so der Minister.
 
COPA-COGECA, der Dachverband der EU-Landwirt:innen und -Genossenschaften, erklärte: "Die EU-Landwirte können an der Wiederherstellung der Natur arbeiten, aber mit dem von der Kommission vorgeschlagenen Gesetz wird es schwierig werden. Trotz Verbesserungen des Vorschlages aus Sicht der Landwirtschaft, bleibt dieses Gesetz grundlegend schlecht vorbereitet, es fehlt an Budget und es wird so für Landwirte und Waldbesitzer nicht umsetzbar sein."
 
Landwirtschaftskammer (LK) Kärnten-Präsident Siegfried Huber sprach von einer "Öko-Planwirtschaft auf den Rücken der Bauern": "Anstatt angesichts von Krieg und Klimawandel auf eine nachhaltig produzierende Land- und Forstwirtschaft zu setzen, würden durch die Pläne der EU-Kommission allein in Kärnten tausende Hektar Ackerland und Wiesen einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen. Eine Reduktion des Holzeinschlages um 10% infolge der Außer-Nutzung-Stellung der Wälder würde in Kärnten 3.500 Arbeitsplätze gefährden und Wertschöpfung in der Höhe von 142 Mio. Euro vernichten, wie eine Studie des renommierten Economica Instituts zeigt."
 
Auch LK Tirol-Präsident Josef Hechenberger kann die Zielvorgaben nicht nachvollziehen: "Der europäischen produzierenden Landwirtschaft wird ein Stein um den anderen in den Weg gelegt. Produktionsflächen so zu verlieren kommt erstens einer Enteignung gleich und kann zweitens - gerade für die kleinstrukturierte Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten - den Todesstoß für viele Familienbetriebe bedeuten. Am Schreibtisch zu entscheiden, 10% außer Nutzung zu stellen, ist schlicht ein Irrsinn."
 
NÖ Bauernbunddirektor Paul Nemecek stellte klar: "Mit der gestrigen Abstimmung wurde eine entscheidende und einschneidende Maßnahme gegen Eigentumsrechte, gegen Grundbesitzer, gegen die Bäuerinnen und Bauern und gegen eine leistungsstarke Landwirtschaft im Sinne der europäischen Versorgungssicherheit getroffen. Es handelt sich um eine wahre Enteignungsverordnung, bei der die linke Ideologie über den Hausverstand gesiegt hat. Das Ergebnis macht persönlich betroffen, weil es die Existenzgrundlage unserer bäuerlichen Familienbetriebe in Niederösterreich aufgrund einer EU-Entscheidung weiter verschlechtert."
 
"Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips der EU fordern wir die österreichische Vertretung im zuständigen Rat, Umweltministerin Leonore Gewessler, auf, sich nicht aus ihrer Verantwortung zu stehlen und hier, vor allem auch im Sinne der verfassungsmäßigen Kompetenzenverteilung, gegen den Vorschlag zu stimmen, anstatt sich lediglich zu enthalten. Hier wird das Recht auf Eigentum mit Füßen getreten und Arbeitsplätze, die Versorgungssicherheit und die Zukunft im ländlichen Raum unnötig und ohne Mehrwert für die Bevölkerung gefährdet", verdeutlichte Nemecek. (Schluss)
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