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Brüssel/Wien, 20. September 2023 (aiz.info)

EU-Agrarrat kritisierte nationale Alleingänge und diskutierte Bodenschutz-Vorschlag

Harte Kritik Özdemirs an schlechter Arbeit der Kommission beim SUR-Vorschlag

Eine Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten habe im Agrarministerrat laut dem Vorsitzenden, Spaniens Minister Luis Planas, die Alleingänge Polens, Ungarns und der Slowakei nach dem Auslaufen der temporären Einfuhrbeschränkungen für Agrargüter aus der Ukraine in die fünf Frontline-Staaten abgelehnt. Die Minister fordern die EU-Kommission auf, für Ordnung bei den Getreideimporten aus der Ukraine zu sorgen. EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski lehnt jedoch Sanktionen ebenso ab wie rechtliche Schritte der Ukraine in der WTO. Er fordert eine friedliche Verhandlungslösung. Der Rat diskutierte mit Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius den in der Verantwortung des Umweltrates liegenden Vorschlag der Kommission zum Bodenschutz und forderte Änderungen, wenngleich man ihn prinzipiell für notwendig halte. Im Vorfeld kritisierte der grüne deutsche Landwirtschaftsminister Cem Özdemir ungewöhnlich hart den Kommissionsvorschlag zur Verringerung von Pflanzenschutz (SUR).
 
Bei der Bodenüberwachung wollen die Minister bestehende nationale Systeme möglichst übernehmen und den Verwaltungsaufwand einer EU-weiten Überwachung minimieren. Mehrere Mitgliedstaaten fordern eine zusätzliche Finanzierung außerhalb des EU-Agrarbudgets. Eine Mehrheit lehnt zusätzliche Auflagen für die Landwirtschaft ab, weil dies die Kosten steigere und die Lebensmittelproduktion einschränke. Einige Minister warnten, landwirtschaftliche Böden dürften nicht durch überbordende Bestimmungen im Wert geschmälert werden. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig kritisierte das Fehlen von Datenschutz im Kommissionsvorschlag. Deutschland hält eine fünfjährige Berichterstattungspflicht für die EU-Mitgliedstaaten für übertrieben. Letztendlich ist das Dossier vom Umweltrat zu verabschieden.
 
Özdemir kritisiert schlechte Arbeit der Kommission im SUR-Vorschlag
 
Wesentliche Teile des SUR-Vorschlags müssten, so Özdemir, überarbeitet werden und handwerkliche Fehler könnten das Ziel nicht erreichbar machen. Özdemir warnte, die Umsetzung des Vorschlags würde den Obst- und Weinbau massiv schädigen.
 
Er stehe zur Halbierung des Pflanzenschutzmittel-Einsatzes bis 2030, aber die EU-Kommission habe das Anliegen durch schlechte Arbeit diskreditiert. Konkret fordert er, die Festlegung des Referenzjahres für die Reduzierung der Wirkstoffe solle diejenigen belohnen, die schon etwas getan haben. Weiters sollten sensible Gebiete so neu definiert werden, dass die Landwirtschaft dort nicht über Gebühr belastet werde. Özdemir unterstützt einen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ins Gespräch gebrachten strategischen Dialog mit der Landwirtschaft.
 
Wojciechowski gegen Sanktionen für unilaterale Einfuhrverbote
 
Entgegen der Mehrheit Rat lehnt Wojciechowski Sanktionen gegen Polen, Ungarn und die Slowakei mit unilateralen, gegen EU-Recht verstoßenden Einfuhrverboten für ukrainische Agrarlieferungen, ab. Auch eine Klage der Ukraine vor der Welthandelsorganisation WTO sei falsch. Der Solidaritätskorridor funktioniere zwar, aber Getreide und Ölsaaten müssten in Drittländer abfließen und nicht die Märkte in den Frontline-Staaten verwerfen. Laut Ratsvorsitzendem Planas habe die Angelegenheit neben einem politischen auch einen rechtlichen Aspekt. Einzelne EU-Mitgliedstaaten dürften nicht gegen Entscheidungen der EU-Kommission und gegen das Prinzip des EU-Binnenmarkts verstoßen. Politisch dürften sich die EU-Mitgliedstaaten nicht in ihrer Solidarität zur Ukraine spalten lassen. Auch Özdemir warnte vor eine Schwächung der Ukraine durch unilaterale Handelsbeschränkungen einzelner EU-Länder und der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau betonte: "Jedes EU-Mitgliedsland muss sich an die Verträge halten." Das Umfeld von EU-Handelskommissar Vladis Dombrovskis lässt offen, wie die EU-Kommission mit den nationalen Alleingängen umgehen werde, man prüfe lediglich die Lage. (Schluss)
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