Agrar- und forstpolitisch hitziger Sommer erwartet: Zahlreiche EU-Brennpunkte
Moosbrugger warnt vor "EU-Finanz-Eintopf" - Steinegger fordert Null-Risiko-Kategorie für Verwaldungsländer wie Österreich
Wichtige agrar- und forstpolitische Weichenstellungen auf europäischer Ebene werden in diesem "hitzigen" Sommer erwartet. Zu den Brennpunkten zählen insbesondere die für 16.7. erwarteten Vorschläge für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU sowie der Dauerbrenner Entbürokratisierung. Aber auch der Kampf gegen den Klimawandel und das laufende Verschwinden wesentlicher Schutzmittel für Pflanzen und somit Lebensmittel stehen im Fokus des Sommertreffens aller Landwirtschaftskammer-Präsidenten, das derzeit nach neun Jahren wieder in der Steiermark stattfindet. Darüber und mehr berichten LK Österreich-Präsident Josef Moosbrugger und LK Steiermark-Präsident Andreas Steinegger heute bei einem Pressegespräch in Graz.
Moosbrugger kritisiert "Finanz-Eintopf" und fordert mehr Wettbewerbsfairness
"Die bisherigen Vorzeichen für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2028-34 und die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2027 sehen wir sehr kritisch. Wir brauchen keinen 'Finanz-Eintopf' aus Brüssel, den jedes Land nach Belieben auf die einzelnen Sektoren aufteilen kann. Das würde zu noch weniger Wettbewerbsfairness unter den Bäuerinnen und Bauern in Europa führen. Auf den offenen europäischen Märkten bräuchten wir dringend mehr Gleichklang statt weniger", fordert Moosbrugger und weiter: “Daher lehnen wir einen 'Single Plan' oder 'Single Funds' entschieden ab, was wir auch der EU-Kommission klargemacht haben. Sollte diese tatsächlich so einen 'Finanz-Eintopf' vorschlagen, ist er noch lange nicht gegessen, weil er uns 'mehr als sauer aufstößt'. Er kann höchstens Diskussionsgrundlage sein. Wir brauchen weiterhin eine starke Gemeinsame Agrarpolitik mit einer zweckgebundenen, eigenen Finanzierung für die Land- und Forstwirtschaft."
Im Hinblick auf die ebenso wieder im Fokus stehende internationale Handelspolitik betont Moosbrugger: "Es kann nicht sein, dass von uns österreichischen Bäuerinnen und Bauern immer 'Top' verlangt wird, bei anderen aber 'Flop' ausreicht. Das führt dazu, dass unsere nachhaltigen Qualitätsprodukte von anonymen Erzeugnissen verdrängt werden, die bei weitem nicht vergleichbare Standards aufweisen. Schluss mit solchen Wettbewerbsverzerrungen. Es braucht dringend vergleichbare Standards für Importprodukte samt verlässlicher Kontrollen. Gerade unsere sensiblen Bereiche, wie Getreide, Rindfleisch, Zucker, Geflügel und mehr, müssen von der EU besser geschützt werden."
Abbau von Bürokratie statt ständig neuer Hürden für Familienbetriebe
Außerdem fordert der LKÖ-Präsident Bürokratieabbau statt laufend neuer Hürden für die Familienbetriebe und mehr Realismus beim Thema Betriebsmittel. "Das ständig fortschreitende Verschwinden unverzichtbarer Wirkstoffe zum Schutz unserer Ernten ist mittlerweile zum echten Problem geworden, manche Pflanzenprodukte gibt's nicht mehr aus Österreich. Einerseits braucht es wieder neue Zulassungen von der EU. Andererseits muss selbstverständlich sein, dass Pflanzenschutzmittel, die in anderen EU-Ländern verwendet werden dürfen, auch in Österreich einsetzbar sind", betont Moosbrugger.
Nein zu EU-Industrie-Emissionsrichtlinie für bäuerliche Familienbetriebe
Die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe wirtschaften nachhaltig, dennoch sollen für sie ab 2030 unnötigerweise die Bestimmungen der EU-Industrie-Emissionsrichtlinie gelten. „Das versteht niemand. Die bäuerlichen Familienbetriebe können doch nicht nach den Vorgaben von Industrieanlagen beurteilt werden. Die EU-Industrie-Emissionsrichtlinie muss daher überarbeitet werden“, verlangt der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Andreas Steinegger. Für die bäuerlichen Tierhalter bedeutet die Industrie-Emissionsrichtlinie nämlich unnötige bürokratische Schikanen, verbunden mit untragbar hohen Kosten: So wären größere, bestehende Ställe trotz aufrechter Baugenehmigung bis zum Jahr 2030 erneut zu überprüfen. Oder nicht mehr ganz neue Ställe müssten auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden. Steinegger: „Die Lage ist ernst. Bäuerliche Existenzen und die Eigenversorgung mit Fleisch und Eiern durch bäuerliche Familienbetriebe sind bedroht – das macht uns verwundbar.“
EU-Entwaldungsverordnung: Steinegger appelliert an EU-Parlamentarier, am Mittwoch für Null-Risiko-Einstufung zu votieren – Bürokratie abbauen, statt neue Bürokratie schaffen!
Den Wald erhalten – das ist das prioritäre Ziel des weltweit strengsten und konsequent von den Forstbehörden kontrollierten österreichischen Forstgesetzes. Auch deshalb wächst der österreichische Wald jährlich um rund 3.600 Hektar pro Jahr oder 13 Fußballfelder pro Tag zu. Trotzdem verlangt die EU-Entwaldungsverordnung den Nachweis, dass Holz und Holzprodukte wie Papier, Möbel & Co sowie Rinder und Soja entwaldungsfrei sind – ein millionenschwerer Bürokratie-Aufwand, der die gesamte Wertschöpfungskette Forst/Holz hemmt. „Unsere nachhaltig wirtschaftenden Waldbesitzer unnötig mit aufgeblähter Bürokratie zu bestrafen, ist der vollkommen falsche Weg“, verlangt der LK Steiermark-Präsident und LKÖ-Forstausschuss-Vorsitzende für Österreich die „Null-Risiko-Ländereinstufung" – also eine einfache und praxistaugliche Lösung. Steinegger: „Mit einer Null-Risiko-Einstufung könnte die EU zeigen, dass sie Bürokratieabbau nicht nur verspricht, sondern auch umsetzt.“ Auch der Umweltausschuss im EU-Parlament hat sich am 25. Juni dafür ausgesprochen. Steinegger appelliert an die EU-Parlamentarier, am kommenden Mittwoch für die Null-Risiko-Ländereinstufung zu votieren.
Entgegen so mancher Unkenrufe: Bewirtschafteter Wald ist artenreich
Die steirische Waldwirtschaft ist Forschungsvorreiter in Europa. Die mehrjährige waldökologische Basisinventarisierung im Forstgut Pichl mit hochmodernen Forschungstechniken und 50 Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland widerlegt den Mythos artenarmer Wirtschaftswälder. Präsident Steinegger: „Rund 3.000 Arten wurden nachgewiesen – darunter zahlreiche Rote-Liste-Arten, Endemiten und sogar Erstnachweise für die Steiermark.“ So wurde der Mährische Asselfresser, eine Spinnenart, erstmals in der Steiermark belegt. Sensationell ist der Wiederfund des Pichler Scherenspringers, eines Pseudoskorpions, nach 80 Jahren sowie das Vorkommen der Höhlen-Baldachinspinne, die es weltweit nur in den Ostalpen gibt. Steinegger: „Die Daten belegen eindrucksvoll, dass Biodiversität und nachhaltige Waldnutzung kein Widerspruch sind. Wirtschaftswälder sind wertvolle Lebensräume.“
Klimaschutz, Risikomanagement und Anpassung im Fokus
"In diesem überaus heißen und von Wetterextremen geprägten Sommer stehen klarerweise auch Maßnahmen gegen den Klimawandel, für ein bestmögliches Risikomanagement und zur Klimawandelanpassung im Fokus. Die Land- und Forstwirtschaft ist nicht nur hauptbetroffener Sektor, sondern kann mit Regional-Lebensmitteln, erneuerbaren Rohstoffen und Energie auch Abhilfe leisten. Daher ist es wichtig, dass wir endlich auch bei den Energie-Gesetzen und somit beim Ersatz fossiler Quellen weiterkommen", so Moosbrugger, der punkto Anpassung auf die Bildungsoffensive "Landwirtschaft.Klima.fit" hinweist, in deren Rahmen mit der Wissenschaft 163 konkrete Handlungsempfehlungen für die bäuerlichen Betriebe ausgearbeitet worden sind. Diese sollen ausgebaut und bekannter gemacht werden. (Schluss) APA OTS 2025-07-07/11:33
Moosbrugger kritisiert "Finanz-Eintopf" und fordert mehr Wettbewerbsfairness
"Die bisherigen Vorzeichen für den Mehrjährigen Finanzrahmen 2028-34 und die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2027 sehen wir sehr kritisch. Wir brauchen keinen 'Finanz-Eintopf' aus Brüssel, den jedes Land nach Belieben auf die einzelnen Sektoren aufteilen kann. Das würde zu noch weniger Wettbewerbsfairness unter den Bäuerinnen und Bauern in Europa führen. Auf den offenen europäischen Märkten bräuchten wir dringend mehr Gleichklang statt weniger", fordert Moosbrugger und weiter: “Daher lehnen wir einen 'Single Plan' oder 'Single Funds' entschieden ab, was wir auch der EU-Kommission klargemacht haben. Sollte diese tatsächlich so einen 'Finanz-Eintopf' vorschlagen, ist er noch lange nicht gegessen, weil er uns 'mehr als sauer aufstößt'. Er kann höchstens Diskussionsgrundlage sein. Wir brauchen weiterhin eine starke Gemeinsame Agrarpolitik mit einer zweckgebundenen, eigenen Finanzierung für die Land- und Forstwirtschaft."
Im Hinblick auf die ebenso wieder im Fokus stehende internationale Handelspolitik betont Moosbrugger: "Es kann nicht sein, dass von uns österreichischen Bäuerinnen und Bauern immer 'Top' verlangt wird, bei anderen aber 'Flop' ausreicht. Das führt dazu, dass unsere nachhaltigen Qualitätsprodukte von anonymen Erzeugnissen verdrängt werden, die bei weitem nicht vergleichbare Standards aufweisen. Schluss mit solchen Wettbewerbsverzerrungen. Es braucht dringend vergleichbare Standards für Importprodukte samt verlässlicher Kontrollen. Gerade unsere sensiblen Bereiche, wie Getreide, Rindfleisch, Zucker, Geflügel und mehr, müssen von der EU besser geschützt werden."
Abbau von Bürokratie statt ständig neuer Hürden für Familienbetriebe
Außerdem fordert der LKÖ-Präsident Bürokratieabbau statt laufend neuer Hürden für die Familienbetriebe und mehr Realismus beim Thema Betriebsmittel. "Das ständig fortschreitende Verschwinden unverzichtbarer Wirkstoffe zum Schutz unserer Ernten ist mittlerweile zum echten Problem geworden, manche Pflanzenprodukte gibt's nicht mehr aus Österreich. Einerseits braucht es wieder neue Zulassungen von der EU. Andererseits muss selbstverständlich sein, dass Pflanzenschutzmittel, die in anderen EU-Ländern verwendet werden dürfen, auch in Österreich einsetzbar sind", betont Moosbrugger.
Nein zu EU-Industrie-Emissionsrichtlinie für bäuerliche Familienbetriebe
Die heimischen bäuerlichen Familienbetriebe wirtschaften nachhaltig, dennoch sollen für sie ab 2030 unnötigerweise die Bestimmungen der EU-Industrie-Emissionsrichtlinie gelten. „Das versteht niemand. Die bäuerlichen Familienbetriebe können doch nicht nach den Vorgaben von Industrieanlagen beurteilt werden. Die EU-Industrie-Emissionsrichtlinie muss daher überarbeitet werden“, verlangt der steirische Landwirtschaftskammer-Präsident Andreas Steinegger. Für die bäuerlichen Tierhalter bedeutet die Industrie-Emissionsrichtlinie nämlich unnötige bürokratische Schikanen, verbunden mit untragbar hohen Kosten: So wären größere, bestehende Ställe trotz aufrechter Baugenehmigung bis zum Jahr 2030 erneut zu überprüfen. Oder nicht mehr ganz neue Ställe müssten auf den aktuellen technischen Stand gebracht werden. Steinegger: „Die Lage ist ernst. Bäuerliche Existenzen und die Eigenversorgung mit Fleisch und Eiern durch bäuerliche Familienbetriebe sind bedroht – das macht uns verwundbar.“
EU-Entwaldungsverordnung: Steinegger appelliert an EU-Parlamentarier, am Mittwoch für Null-Risiko-Einstufung zu votieren – Bürokratie abbauen, statt neue Bürokratie schaffen!
Den Wald erhalten – das ist das prioritäre Ziel des weltweit strengsten und konsequent von den Forstbehörden kontrollierten österreichischen Forstgesetzes. Auch deshalb wächst der österreichische Wald jährlich um rund 3.600 Hektar pro Jahr oder 13 Fußballfelder pro Tag zu. Trotzdem verlangt die EU-Entwaldungsverordnung den Nachweis, dass Holz und Holzprodukte wie Papier, Möbel & Co sowie Rinder und Soja entwaldungsfrei sind – ein millionenschwerer Bürokratie-Aufwand, der die gesamte Wertschöpfungskette Forst/Holz hemmt. „Unsere nachhaltig wirtschaftenden Waldbesitzer unnötig mit aufgeblähter Bürokratie zu bestrafen, ist der vollkommen falsche Weg“, verlangt der LK Steiermark-Präsident und LKÖ-Forstausschuss-Vorsitzende für Österreich die „Null-Risiko-Ländereinstufung" – also eine einfache und praxistaugliche Lösung. Steinegger: „Mit einer Null-Risiko-Einstufung könnte die EU zeigen, dass sie Bürokratieabbau nicht nur verspricht, sondern auch umsetzt.“ Auch der Umweltausschuss im EU-Parlament hat sich am 25. Juni dafür ausgesprochen. Steinegger appelliert an die EU-Parlamentarier, am kommenden Mittwoch für die Null-Risiko-Ländereinstufung zu votieren.
Entgegen so mancher Unkenrufe: Bewirtschafteter Wald ist artenreich
Die steirische Waldwirtschaft ist Forschungsvorreiter in Europa. Die mehrjährige waldökologische Basisinventarisierung im Forstgut Pichl mit hochmodernen Forschungstechniken und 50 Expertinnen und Experten aus dem In- und Ausland widerlegt den Mythos artenarmer Wirtschaftswälder. Präsident Steinegger: „Rund 3.000 Arten wurden nachgewiesen – darunter zahlreiche Rote-Liste-Arten, Endemiten und sogar Erstnachweise für die Steiermark.“ So wurde der Mährische Asselfresser, eine Spinnenart, erstmals in der Steiermark belegt. Sensationell ist der Wiederfund des Pichler Scherenspringers, eines Pseudoskorpions, nach 80 Jahren sowie das Vorkommen der Höhlen-Baldachinspinne, die es weltweit nur in den Ostalpen gibt. Steinegger: „Die Daten belegen eindrucksvoll, dass Biodiversität und nachhaltige Waldnutzung kein Widerspruch sind. Wirtschaftswälder sind wertvolle Lebensräume.“
Klimaschutz, Risikomanagement und Anpassung im Fokus
"In diesem überaus heißen und von Wetterextremen geprägten Sommer stehen klarerweise auch Maßnahmen gegen den Klimawandel, für ein bestmögliches Risikomanagement und zur Klimawandelanpassung im Fokus. Die Land- und Forstwirtschaft ist nicht nur hauptbetroffener Sektor, sondern kann mit Regional-Lebensmitteln, erneuerbaren Rohstoffen und Energie auch Abhilfe leisten. Daher ist es wichtig, dass wir endlich auch bei den Energie-Gesetzen und somit beim Ersatz fossiler Quellen weiterkommen", so Moosbrugger, der punkto Anpassung auf die Bildungsoffensive "Landwirtschaft.Klima.fit" hinweist, in deren Rahmen mit der Wissenschaft 163 konkrete Handlungsempfehlungen für die bäuerlichen Betriebe ausgearbeitet worden sind. Diese sollen ausgebaut und bekannter gemacht werden. (Schluss) APA OTS 2025-07-07/11:33
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