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Wien, 3. Dezember 2025 (aiz.info)

Lebensmittelproduktion unter Druck: Bauernbund legt Vier-Punkte-Plan vor

Entlastung bei Energie, Schub für erneuerbare Gase, klare Herkunft von Lebensmitteln und faire Rahmenbedingungen bei Düngemitteln notwendig

Nach der klaren Positionierung des Österreichischen Bauernbundes gegen das EU-Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten und gegen mögliche Kürzungen bei der Gemeinsamen Agrarpolitik am Wochenende warnt Bauernbund-Präsident Georg Strasser nun vor einer weiteren Zuspitzung entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Steigende Kosten, Druck auf bäuerliche Erzeugerpreise und die prekäre Lage der lebensmittelverarbeitenden Betriebe sind für den Bauernbund deutliche Warnsignale. Hier fühlen sich die Bäuerinnen und Bauern von der europäischen Politik im Stich gelassen.

Strasser hält fest: „Wir sehen derzeit einen gefährlichen Mix aus hohem Kostendruck, Druck auf bäuerliche Erzeugerpreise und einer prekären Lage der lebensmittelverarbeitenden Betriebe. Wenn Verarbeitungsbetriebe einsparen oder zusperren, dann geht es um Arbeitsplätze, um die Zukunft unserer bäuerlichen Familienbetriebe und um unseren Selbstversorgungsgrad.“

„In jeder Krise wird die Selbstversorgung hochgehalten. Kaum ist der Druck weg, wird sie wieder vergessen. Das ist kurzsichtig. Die Selbstversorgung mit hochwertigen Lebensmitteln muss Teil der europäischen Sicherheitsarchitektur sein. Wir schützen zum Beispiel die europäische Stahlproduktion zu Recht vor unfairen Importen. Warum sollte das bei Lebensmitteln anders sein, wo es um Ernährungssouveränität und Selbstversorgung in Europa geht?“, mahnt Strasser.

Bauernbund legt Vier-Punkte-Plan zur Verbesserung der bäuerlichen Erzeugerpreise und zur Stabilisierung der heimischen Lebensmittelproduktion vor

1. Günstiger-Strom-Gesetz so gestalten, dass die Lebensmittelproduktion profitieren kann

Beim geplanten Günstiger-Strom-Gesetz erwartet der Bauernbund, dass energieintensive Lebensmittelbetriebe ausdrücklich mitgedacht werden. Es geht um Schlacht- und Zerlegebetriebe, Zucker- und Stärkeproduktion ebenso wie um andere Verarbeitungsbetriebe der Agrar- und Ernährungswirtschaft.

Strasser: „Wenn wir über ein Billigstromgesetz reden, dann muss klar sein, dass die Lebensmittelproduktion eine Schlüsselbranche ist. Es braucht Entlastungen bei Netzentgelten und Abgaben, damit Energie für diese Betriebe planbar und leistbar bleibt.“

2. Erneuerbare-Gase-Gesetz beschließen und Biogaspotenziale heben

Beim Erneuerbare-Gase-Gesetz sieht der Bauernbund eine zentrale Chance, Landwirtschaft und Energieversorgung besser zu verbinden. Biomethan aus Reststoffen der Land- und Forstwirtschaft sowie der Lebensmittelindustrie kann Prozessenergie für Lebensmittelbetriebe bereitstellen und gleichzeitig regionale Wertschöpfung stärken. Damit wird die Krisenresilienz gestärkt und die Klimabilanz der Lebensmittelwirtschaft verbessert.

„Das Erneuerbare-Gase-Gesetz ist ein Schlüssel, um heimische erneuerbare Gase in die Netze zu bringen und damit Industrie und Lebensmittelverarbeitung zu versorgen“, so Strasser. „Wir brauchen jetzt Planungssicherheit für Biogasanlagen und klare Rahmenbedingungen, damit Investitionen in grünes Gas aus Reststoffen möglich sind. Das entlastet die Lebensmittelwirtschaft bei den Energiekosten, stärkt unsere Regionen und macht uns weniger abhängig von fossilen Energieimporten.“

3. Herkunftskennzeichnung ausbauen

Als dritten Hebel fordert der Bauernbund Anreize für eine klare Herkunftskennzeichnung, wie sie in der Gemeinschaftsverpflegung bereits umgesetzt wurde. Funktionierende Märkte brauchen Transparenz und Fairness. Die Herkunftskennzeichnung stärkt die Nachfrage nach heimischen Lebensmitteln und hilft, bäuerliche Erzeugerpreise zu stabilisieren. Hier braucht es weitere Schritte im Dialog mit der Lebensmittelwirtschaft und der Gastronomie.

Strasser erläutert: „Die Menschen haben ein Recht darauf zu wissen, ob sie österreichische Produkte auf dem Teller haben oder Importware aus Drittstaaten mit völlig anderen Produktionsstandards.“

4. Düngerpreise so gestalten, dass Betriebe wettbewerbsfähig bleiben

Zusätzlich blickt der Bauernbund mit Sorge auf die Entwicklung der Düngerpreise. Düngemittel machen je nach Betrieb einen deutlichen Anteil der Produktionskosten aus, seit dem Krieg in der Ukraine sind die Preise massiv gestiegen. Der europäische CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM) und weitere Klimavorgaben dürfen diese Kosten nicht weiter in die Höhe treiben. Es ist ein dramatischer Widerspruch, wenn auf der einen Seite die Produktionskosten in der Landwirtschaft nach oben getrieben werden und auf der anderen Seite billigeren Importen von Rindfleisch, Ethanol und Zucker aus Drittstaaten zugestimmt wird.

Strasser: „Ohne Dünger gibt es keine stabilen Erträge. Wenn sich die Düngerpreise immer weiter von der Realität am Hof entfernen, hält das kein Betrieb auf Dauer aus. Wir brauchen eine Klimapolitik, die Düngemittel weiterhin verfügbar und leistbar hält und unsere Bäuerinnen und Bauern nicht gegenüber Importware schlechter stellt. Klimaschutz und Versorgungssicherheit müssen zusammen gedacht werden.“

Produktion, Regionalität und Selbstversorgung absichern

Für den Bauernbund steht fest, dass Energiepolitik, Agrarpolitik, europäische Klimapolitik und Herkunftsfragen künftig viel stärker zusammengedacht werden müssen.

Strasser fasst abschließend zusammen: „Unser Ziel ist klar: Wir wollen die Lebensmittelproduktion in Österreich absichern, regionale Wertschöpfungsketten erhalten und den Selbstversorgungsgrad stabil halten. Dazu braucht es ein Stromgesetz, das unsere Lebensmittelproduktion nicht benachteiligt, ein starkes Erneuerbare-Gase-Gesetz, faire Rahmenbedingungen bei Düngemitteln und Transparenz bei der Herkunft unserer Lebensmittel. Die Lebensmittelerzeugung muss Teil der Sicherheitsarchitektur in Österreich und Europa werden. (Schluss) APA OTS 2025-12-03/08:33
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