Zwischen Tradition und neuen Perspektiven: Pilze am Teller
Ökologische Netzwerker, kulinarische Kostbarkeit und faszinierende Lebensmittel
Pilze sind überall, doch was viele nicht wissen: Sie sind weder Pflanze noch Tier, sondern bilden neben Flora und Fauna als "Funga" ihr eigenes Reich. Pilze prägen seit 450 Millionen Jahren das Leben auf der Erde und ihr Myzel spannt sich als unsichtbares Netz durch Wälder weltweit. Doch nur ein Bruchteil der Pilzwelt ist erforscht. Aus kulinarischer Sicht spielen Pilze gleich eine doppelte Rolle: als traditionelle Delikatesse und als Zutat in innovativen Lebensmitteln. Dennoch bleiben sie hierzulande oft Randerscheinungen am Teller. Die neue Ausgabe des Magazins ernährung heute widmet sich daher der Welt der Pilze. "Pilze sind faszinierend, weil sie ökologische Netzwerker sind, die unsere Ernährung bereichern und neue Perspektiven eröffnen. Mit dieser Ausgabe möchten wir ein besseres Pilzverständnis fördern, Neugierde wecken sowie Gusto auf diese Lebensmittelgruppe machen", erklärt Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute.
Pilze sind Schlüsselakteure in Ökosystemen, da sie abgestorbenes organisches Material abbauen und Nährstoffe für andere Organismen wieder verfügbar machen. Trotzdem wissen wir erstaunlich wenig über sie. Mehr als zwei Millionen Arten werden vermutet, nur rund 140.000 sind erforscht, etwa 200 davon nutzen wir aktiv.
Pilze sind dabei kulturell und kulinarisch bedeutsam. Sie überzeugen sowohl durch ihre ressourcenschonende Produktion als auch mit ihrer geschmacklichen Bandbreite und ihrer Umami-Note. Manche von ihnen haben eine ähnliche Textur wie Fleisch, was sie zu begehrten Zutaten der vegetarischen und veganen Küche macht. Ihre Zubereitungsmöglichkeiten reichen dabei vom klassischen Schwammerlgulasch oder Steinpilzrisotto über Crostini-Topping und vegetarische Fleischalternativen bis hin zu innovativen Produkten wie Pilzpulver, Pilzchips oder Pilzkaffee.
Abseits der Wildsammlung findet man in Supermärkten hauptsächlich gezüchtete Pilze. Wie diese kultiviert werden und welche Herausforderungen die Zucht mit sich bringt, schildert Markus Scharner von der Mosberger Pilzmanufaktur im Interview mit ernährung heute. Er betont das Potenzial der Pilzkultivierung, das weit über beliebte Klassiker wie Shiitake und Kräuterseitlinge hinausgeht.
Zwischen Hype und Mythos
Neben der Kulinarik rücken auch gesundheitliche Aspekte in den Fokus. Dabei erhalten zunehmend Vitalpilze wie Reishi oder Cordyceps große Aufmerksamkeit. Sie werden in Asien schon lange als Heilmittel verwendet und kommen auch bei uns immer mehr als Nahrungsergänzungsmittel in den Handel. Dabei werden ihnen verschiedene Effekte auf die Gesundheit zugeschrieben, von der Stärkung des Immunsystems und Leistungssteigerung bis zur Krebsheilung. Wissenschaftlich belegt ist ihre Wirkung bisher jedoch nicht. "Wie so oft bei vermeintlichen Wundermitteln fehlt auch bei den sogenannten Vitalpilzen die wissenschaftliche Evidenz. Studien haben oft kleine Fallzahlen, sind methodisch schwach oder uneinheitlich", so Ernährungswissenschafterin Marlies Gruber.
Der Mythos, Pilze seien eine Eiweißbombe, hält einer genaueren Betrachtung ebenfalls nicht stand: Mit durchschnittlich 3 bis 5 Gramm Protein pro 100 Gramm liegen sie zwar über klassischem Gemüse, aber weit hinter Hülsenfrüchten oder tierischen Lebensmitteln. Interessant ist ihr Nährstoffprofil dennoch: Sie enthalten alle essenziellen Aminosäuren und sind reich an Lysin, das in Getreide nur in geringen Mengen vorkommt. Auch die enthaltenen Ballaststoffe sind erwähnenswert. Sie fördern die Sättigung und beschleunigen die Darmpassage. Die β-Glucane, die sonst auch reichlich in Haferflocken vorkommen, wirken cholesterinsenkend und verzögern den Anstieg des Blutzuckerspiegels.
Eine weitere Besonderheit von Pilzen: Analog zum Mechanismus in der menschlichen Haut bildet sich durch UV-Bestrahlung Vitamin D2. Studien zeigen, dass der Verzehr von UV-bestrahlten bzw. sonnengetrockneten Pilzen eine sinnvolle Möglichkeit sein kann, die Vitamin-D-Zufuhr zu erhöhen. "Pilze kommen seit jeher auf den Teller, sind vielfältig sowie sensorisch interessant und haben enormes Zukunftspotenzial", fasst Marlies Gruber zusammen.
Pilze nur kurz lagern und gut garen
Neben den Gefahren durch den Verzehr von giftigen Pilzen bergen auch Speisepilze ein oft unbekanntes Risiko: Eigentlich genießbare Exemplare können bei zu langer Aufbewahrung oder falscher Zubereitung zu einer sogenannten sekundären Pilzvergiftung führen und Beschwerden ähnlich einer Lebensmittelvergiftung verursachen. Matschige oder schmierige Konsistenz, Farbveränderungen und muffiger Geruch sind hier gute sensorische Hinweise, besser auf den Verzehr zu verzichten, wie Ernährungswissenschafterin Eva Derndorfer in ihrem Beitrag erläutert. Es gilt daher: Pilze immer frisch einkaufen oder sammeln, luftdurchlässig transportieren, kühl lagern, rasch verbrauchen und mindestens 15 Minuten garen.
Weitere Themen in der aktuellen Ausgabe von ernährung heute sind unter anderem proteinbasierte Süßungsmittel, Verbraucherakzeptanz von Mikroalgen und die Besonderheiten des Sanddorns. (Schluss)
Pilze sind Schlüsselakteure in Ökosystemen, da sie abgestorbenes organisches Material abbauen und Nährstoffe für andere Organismen wieder verfügbar machen. Trotzdem wissen wir erstaunlich wenig über sie. Mehr als zwei Millionen Arten werden vermutet, nur rund 140.000 sind erforscht, etwa 200 davon nutzen wir aktiv.
Pilze sind dabei kulturell und kulinarisch bedeutsam. Sie überzeugen sowohl durch ihre ressourcenschonende Produktion als auch mit ihrer geschmacklichen Bandbreite und ihrer Umami-Note. Manche von ihnen haben eine ähnliche Textur wie Fleisch, was sie zu begehrten Zutaten der vegetarischen und veganen Küche macht. Ihre Zubereitungsmöglichkeiten reichen dabei vom klassischen Schwammerlgulasch oder Steinpilzrisotto über Crostini-Topping und vegetarische Fleischalternativen bis hin zu innovativen Produkten wie Pilzpulver, Pilzchips oder Pilzkaffee.
Abseits der Wildsammlung findet man in Supermärkten hauptsächlich gezüchtete Pilze. Wie diese kultiviert werden und welche Herausforderungen die Zucht mit sich bringt, schildert Markus Scharner von der Mosberger Pilzmanufaktur im Interview mit ernährung heute. Er betont das Potenzial der Pilzkultivierung, das weit über beliebte Klassiker wie Shiitake und Kräuterseitlinge hinausgeht.
Zwischen Hype und Mythos
Neben der Kulinarik rücken auch gesundheitliche Aspekte in den Fokus. Dabei erhalten zunehmend Vitalpilze wie Reishi oder Cordyceps große Aufmerksamkeit. Sie werden in Asien schon lange als Heilmittel verwendet und kommen auch bei uns immer mehr als Nahrungsergänzungsmittel in den Handel. Dabei werden ihnen verschiedene Effekte auf die Gesundheit zugeschrieben, von der Stärkung des Immunsystems und Leistungssteigerung bis zur Krebsheilung. Wissenschaftlich belegt ist ihre Wirkung bisher jedoch nicht. "Wie so oft bei vermeintlichen Wundermitteln fehlt auch bei den sogenannten Vitalpilzen die wissenschaftliche Evidenz. Studien haben oft kleine Fallzahlen, sind methodisch schwach oder uneinheitlich", so Ernährungswissenschafterin Marlies Gruber.
Der Mythos, Pilze seien eine Eiweißbombe, hält einer genaueren Betrachtung ebenfalls nicht stand: Mit durchschnittlich 3 bis 5 Gramm Protein pro 100 Gramm liegen sie zwar über klassischem Gemüse, aber weit hinter Hülsenfrüchten oder tierischen Lebensmitteln. Interessant ist ihr Nährstoffprofil dennoch: Sie enthalten alle essenziellen Aminosäuren und sind reich an Lysin, das in Getreide nur in geringen Mengen vorkommt. Auch die enthaltenen Ballaststoffe sind erwähnenswert. Sie fördern die Sättigung und beschleunigen die Darmpassage. Die β-Glucane, die sonst auch reichlich in Haferflocken vorkommen, wirken cholesterinsenkend und verzögern den Anstieg des Blutzuckerspiegels.
Eine weitere Besonderheit von Pilzen: Analog zum Mechanismus in der menschlichen Haut bildet sich durch UV-Bestrahlung Vitamin D2. Studien zeigen, dass der Verzehr von UV-bestrahlten bzw. sonnengetrockneten Pilzen eine sinnvolle Möglichkeit sein kann, die Vitamin-D-Zufuhr zu erhöhen. "Pilze kommen seit jeher auf den Teller, sind vielfältig sowie sensorisch interessant und haben enormes Zukunftspotenzial", fasst Marlies Gruber zusammen.
Pilze nur kurz lagern und gut garen
Neben den Gefahren durch den Verzehr von giftigen Pilzen bergen auch Speisepilze ein oft unbekanntes Risiko: Eigentlich genießbare Exemplare können bei zu langer Aufbewahrung oder falscher Zubereitung zu einer sogenannten sekundären Pilzvergiftung führen und Beschwerden ähnlich einer Lebensmittelvergiftung verursachen. Matschige oder schmierige Konsistenz, Farbveränderungen und muffiger Geruch sind hier gute sensorische Hinweise, besser auf den Verzehr zu verzichten, wie Ernährungswissenschafterin Eva Derndorfer in ihrem Beitrag erläutert. Es gilt daher: Pilze immer frisch einkaufen oder sammeln, luftdurchlässig transportieren, kühl lagern, rasch verbrauchen und mindestens 15 Minuten garen.
Weitere Themen in der aktuellen Ausgabe von ernährung heute sind unter anderem proteinbasierte Süßungsmittel, Verbraucherakzeptanz von Mikroalgen und die Besonderheiten des Sanddorns. (Schluss)
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