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Graz, 19. Juli 2024 (aiz.info)

Woche der Land- und Forstwirtschaft: Digitale Werkzeuge - Fluch oder Segen?

LK Steiermark streicht Wirtschaftlichkeit der Betriebe für eine sichere Lebensmittelversorgung hervor

Bei der heurigen Woche der Land- und Forstwirtschaft mit dem Motto „Wir säen deine Zukunft – deine steirischen Bäuerinnen und Bauern“ vom 21. Juli bis 28. Juli steht die vielfältige Leistungskraft im Einklang mit der Natur im Fokus. „Wir zeigen wie die Land- und Forstwirtschaft tatsächlich ist, fernab von allgegenwärtigen idyllischen Werbespots, die sich in den Köpfen der Menschen fälschlicherweise hartnäckig halten. Konkret zeigen Bäuerinnen und Bauern auf ihren Höfen, wie sie neue technische Hilfen und Innovationen – etwa die Digitalisierung und Robotik – für eine wettbewerbsfähige, nachhaltige sowie umweltfreundliche Produktion und mehr Tierwohl nutzen“, betont Landwirtschaftskammer (LK) Steiermark-Präsident Franz Titschenbacher.
 
Versorgungsleistung der heimischen Land- und Forstwirtschaft steigt
 
Know-how, technischer Fortschritt und nachhaltiges, wettbewerbsorientiertes Wirtschaften sind der Schlüssel dafür. Die steirische Land- und Forstwirtschaft ist wichtiger Wirtschaftsmotor, bringt die regionalen Wirtschaftskreisläufe in die Gänge und hält sie in Schwung. Trotz Rückgang der Betriebe steigen Leistung und Produktivität der Landwirtschaft ständig, was sich vor allem in der Versorgungsleistung zeigt. Dazu Präsident Franz Titschenbacher: „Während im Jahr 2000 ein Landwirt 61 Steirerinnen und Steirer ernährt hat, sind es aktuell bereits 100. Unglaublich, das ist fast eine Verdoppelung in nur 20 Jahren.“ (Grafik 1). Gleichzeitig gelingt es der heimischen Land- und Forstwirtschaft trotz stetigem Bevölkerungswachstum und weniger landwirtschaftlichen Betrieben die Selbstversorgung stabil zu halten (Grafik 2). Außerdem sichert sie in der Steiermark samt dem vor- und nachgelagerten Bereich rund 85.000 Arbeitsplätze.
 
Fundiertes Know-how der Bäuerinnen und Bauern durch Digitalisierung unersetzbar
 
„Das fundierte land- und forstwirtschaftliche Wissen der Bäuerinnen und Bauern ist durch die digitale Technik nicht ersetzbar. Im Gegenteil: Ein solides land- und forstwirtschaftliches Wissen ist eine entscheidende Voraussetzung, um neue Technologien zum Vorteil der Land- und Forstwirtschaft zu nutzen“, sagt Titschenbacher. Nur ein paar praktische Beispiele:
Fütterungsroboter übernehmen die Fütterung der Rinder – den Tieren wird ihrem Biorhythmus gemäß ständig frisches Futter vorgelegt, den Bauern die schwere körperliche Arbeit erheblich erleichtert. Melkroboter übernehmen das Melken, liefern zudem wichtige Daten über die Milchqualität sowie Tiergesundheit und schaffen so mehr Tierwohl sowie Flexibilität und Arbeitserleichterung für die Bäuerinnen und Bauern. Vermehrt zum Einsatz kommen auch Sensoren am Halsband, den Ohren oder als Bolus im Pansen von Rindern –Veränderung des Fress- und Bewegungsverhaltens oder der Körpertemperatur werden von Algorithmen ausgewertet und lassen Rückschlüsse auf eine sich anbahnende Krankheit zu. Solche Warnsignale sind bereits nach zwei Stunden am Handy sowie vier bis fünf Tage vor klinischen Symptomen messbar. Diese Daten helfen, dass eine Krankheit nicht ausbricht.
 
Auch digital ackern ist bereits in der Steiermark angekommen – die satellitengesteuerte Spurführung mit RTK-Satellitentechnik (Real Time Kinematic) ermöglicht bei der Bodenbearbeitung, Aussaat und Pflege am Acker eine zentimetergenaue Führung des Traktors. Das verhindert Bodenverdichtungen, Erosionen und hilft Dünger- und Pflanzenschutzmittel und sowie Zeit zu sparen. Man kann sich voll und ganz der Bewirtschaftung und nicht dem Traktorfahren widmen.
 
Dynamische Waldtypisierung und Vitalitätsanalysen. Europaweit einzigartig ist das von Land Steiermark und Landwirtschaftskammer 2022 entwickelte sehr anwenderfreundliche digitale Tool der „Dynamischen Waldtypisierung“.  Damit können unsere Wälder klimafit gehalten werden – Waldbäumchen, die dem Klimawandel standhalten können heute gepflanzt werden und dann von den nächsten Generationen in 80 Jahren oder mehr geerntet werden. Dieses Werkzeug wird auch bei der Durchforstung verwendet, um stabile Waldbestände zu entwickeln. Vermehrt angewendet für den praktischen Waldschutz wird in der Forstwirtschaft auch Vitalitätsanalysen mit Drohnen oder Satelliten (unten).
 
Vizepräsidentin Maria Pein: Digitalisierung und Innovationen stärken Wettbewerbsfähigkeit – Bauern haben pragmatischen Zugang
 
„Die rückläufige Zahl an Arbeitskräften in der Land- und Forstwirtschaft sowie der wirtschaftliche Druck – die Land- und Forstwirtschaft ist nicht in ruhigen Gewässern unterwegs –  erfordern einen verstärkten Einsatz von neuen Technologien und Innovationen. So können Wettbewerbsvorteile erzielt werden – in der Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, im Umwelt- und Tierschutz“, sagt LK Steiermark-Vizepräsidentin Maria Pein.
 
Gemäß einer repräsentativen KeyQuest-Befragung zur Technologisierung und Digitalisierung in der Landwirtschaft (2021) haben die heimischen Bäuerinnen und Bauern einen pragmatischen Zugang: 68 Prozent haben Interesse an Weiterbildungen und Kurse zu digitalen Technologien, 59 Prozent sind an einer persönlichen Beratung interessiert. Die größten Hemmnisse stellen die Kosten – Anfangskosten (69 Prozent) und die laufenden Kosten (62 Prozent) dar. 24 Prozent der Befragten verwenden bereits automatische Spurführungssysteme, 27 Prozent beabsichtigen diese Technologie künftig zu verwenden. 23 Prozent haben bereits einen Fütterungsroboter und acht Prozent einen Melkroboter im Einsatz.
 
Kammerdirektor Werner Brugner: „Gerade für die kleinstrukturierte steirische Land- und Forstwirtschaft ist es wichtig, Betriebe vor teuren und unnötigen Investitionen von moderner, digitaler Landtechnik zu bewahren. Daher geben die Beratungskräfte der Landwirtschaftskammer einen guten vergleichbaren Überblick über Systeme, die bereits im relevanten Einsatz sind – von Lenksystemen über Robotik bis hin zu Sensoren“, betont Kammerdirektor Werner Brugner. Die Landwirtschaftskammer Steiermark unterstützt das österreichweite Projekt „Innovation Farm“, die digitale Systeme für die Land- und Forstwirtschaft erforscht und auf ihre Praxistauglichkeit sowie Wirtschaftlichkeit prüft. Aktuell arbeitet die Landwirtschaftskammer daran wie Künstliche-Intelligenz für die Betriebsführung und Bratung sinnvoll genutzt werden kann.
 
Markus Sundl, Ackerbauer in Studenzen – digitales Ackern: Digitale Techniken sind effizient und schonen Boden sowie Umwelt
 
„Heuer hätten wir ohne Drohnensaat wegen der kaum befahrbaren Äcker keine humusaufbauenden Begrünungen anlegen können. Die Drohnensaat geht nicht nur schneller, sie ist auch bodenschonender“, sagt Ackerbauer Markus Sundl. Die Düngung erfolgt mit Satelliten-Unterstützung. Sundl: „Je nach Nährstoffbedarf werden die Pflanzen gedüngt – das ist ökonomisch sinnvoll, gleichzeitig schone ich Umwelt, Grundwasser.“
 
Kurt Wöls, Forstwirt, Techniker und Erfinder der Vitalitätsüberprüfung von Wäldern – wirtschaftlichen Schaden vermeiden
 
Wie kranke und auffällige Bäume in Wäldern finden und somit effizienten Waldschutz betreiben, selbst wenn man für die notwendigen Kontrollgänge zuwenig Zeit hat? Von Neugier getrieben entwickelte Kurt Wöls nach dem Prinzip „Tradition trifft Innovation“ die Vitalitätsanalyse für Wäldern mit Drohnen- sowie Satellitenunterstützung. Kurt Wöls, der an dieser digitalen Technik vier Jahre gearbeitet hat: „Unsere Vitalitätsanalysen ersetzen keine Förster, ermöglichen aber rasch befallenen Borkenkäfer-Schadbäume zu entfernen, eine Massenvermehrung zu verhindern und großen wirtschaftlichen Schaden abzuwenden.“  Wöls ist überzeugt, dass die Forstwirtschaft der Zukunft digitale Kompetenzen benötigt, was eine gute Ausbildung der Forstwirte voraussetzt sowie neue Berufsbilder entstehen lässt.
 
Johannes Wieser, Forstfacharbeiter, ist von der europaweit einzigartigen Digital-Lösung „Dynamische Waldtypisierung beeindruckt: „Bereits am Schreibtisch beurteile ich mit diesem digitalen Programm die jeweilige Waldfläche und entscheide mit Hilfe unterschiedlicher Klimaszenarien, welche Bäumchen auf den ausgewählten Standorten gepflanzt werden können. Das gibt mir die Sicherheit, dass in vielen Jahrzehnten später auch geerntet werden kann. Das Programm ist sehr leicht zu bedienen.“ (Schluss) APA OTS 2024-07-18/14:35
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