Zum Content springen
Neue Suche

Absender

Empfänger

Wien, 4. August 2024 (aiz.info)

Von Blattläusen übertragenes Virus schädigt heimischen Erbsenanbau

Virusresistente Sorten und Pflanzenschutz für weiteren Anbau wichtig

Blattläuse können als Überträger von Viren große Schäden in der Landwirtschaft anrichten. Vor diesem Hintergrund ist in Österreich auch der Anbau von Körnererbsen massiv zurückgegangen. Es fehlt an virusresistenten Sorten und Pflanzenschutz-Wirkstoffen, um die virusübertragenden Blattläuse effizient bekämpfen zu können.

Die Körnererbse ist eine pflanzenbaulich interessante Pflanze, da sie als Leguminose Stickstoff im Boden bindet und somit nicht gedüngt werden muss und qualitativ hochwertiges Eiweiß für die menschliche Ernährung und die Tierfütterung liefert. Dennoch schrumpft die Anbaufläche von Körnererbsen in Österreich seit vielen Jahren still und heimlich. Bauten die heimischen Bäuerinnen und Bauern im Jahr 2000 noch auf über 40.000 ha Körnererbsen an, so sind es heute nur noch 6.000 bis 7.000 ha. 

"Trockenstress, Schädlinge und Krankheiten haben in den vergangenen Jahren anhaltend hohe Ertragsverluste bei Körnererbsen verursacht. Gleichzeitig wurden nach und nach effektive Pflanzenschutzmittel und wirksame Saatgutbeizungen verboten bzw. nicht mehr zugelassen. Für die heimischen Bäuerinnen und Bauern wird das Anbaurisiko somit immer größer", erklärt Ferdinand Lembacher, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich. "Um die Versorgung mit heimischen Körnererbsen abzusichern, braucht es daher unbedingt wirksame Werkzeuge im Kampf gegen Schädlinge und Krankheiten. Ansonsten droht ein weiterer Rückgang des heimischen Erbsenanbaues. Importen aus Ländern, in denen Wirkstoffe verwendet werden, die bei uns verboten sind, werden somit Tür und Tor geöffnet", so Lembacher. 

Nanoviren können zu Totalausfällen führen 

Eine der größten Herausforderung im Anbau sind Nanoviren. Dabei handelt es sich um sehr kleine Viren, die Leguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen oder Linsen befallen und von Blattläusen übertragen werden. Eines davon ist das 2010 erstmals in Österreich nachgewiesene Pea necrotic yellow dwarf virus (PNYDV, Nekrotisches Erbsengelbverzwergungsvirus). 2016 und 2018 führte es in Österreich bereits zu massiven Ernteausfällen bei Grünerbse, Körnererbse, Ackerbohne und Linse. Seither tritt das PNYDV regelmäßig in unterschiedlicher Intensität auf.

Heuer sehr starke Nanoviren-Infektionen festgestellt

"Dieses Jahr traten die Grünen Erbsenblattläuse und Schwarzen Bohnenläuse sehr früh auf", so Anna Moyses, Fachexpertin für Schädlinge im Feld- und Gartenbau in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES). Laut Moyses konnten bereits Ende Februar aktive Blattläuse nachgewiesen werden. Bedingt durch die feuchtwarme Frühjahrswitterung wurde vor allem die Grüne Erbsenblattlaus in ihrer Entwicklung stark begünstigt. Zwar wurden die Erbsen und Ackerbohnen erst Ende April von geflügelten Blattläusen besiedelt, jedoch erfolgte gleichzeitig auch der erste Nanovirennachweis in den Blattläusen. Seitdem wurden regelmäßig Nanoviren in den Blattläusen nachgewiesen, was laut Sabine Grausgruber-Gröger, AGES-Fachexpertin für pflanzenpathogen Viren, die sehr starken Nanovireninfektionen in den diesjährigen Beständen erklärt.  

"Da das Virus weder mechanisch noch über das Saatgut übertragen wird, sondern nur über Blattläuse, ist die einzige Abhilfemöglichkeit indirekt und besteht in der vorbeugenden Bekämpfung dieser saugenden Insekten. Ist der Schädlingsdruck bereits sehr hoch und wurden Viren nachgewiesen, dann bleibt der punktgenaue Einsatz selektiver Insektizide als einzige Maßnahme, um die Blattläuse in ihrer Entwicklung zu bremsen und die Pflanzen zu schützen", erklärt Andreas Pfaller, Pflanzenbauexperte der LK Österreich.

Landwirt:innen fördern Nützlinge

Im Zuge des integrierten Pflanzenschutzes spielen aber auch Nützlinge eine zentrale Rolle. "Marienkäfer, Florfliegen und Schwebfliegen sind grundsätzlich die natürlichen Gegenspieler der Blattläuse. Die Larven der Florfliegen können beispielsweise an einem Tag bis zu 500 Blattläuse fressen. Um diese Nützlinge zu fördern, bauen die Bäuerinnen und Bauern Blühstreifen an und fördern durch vielfältige Biodiversitätsflächen die Verbreitung dieser Tiere", verweist Pfaller auf die unterschiedlichen Maßnahmen des Österreichischen Agrarumweltprogrammes (ÖPUL) hin. 

"Wer zuhause einen mit Blattläusen befallen Rosen- oder Holunderstrauch hat, weiß aber auch, dass es einige Wochen dauert, bis die Nützlinge die Schädlinge vertilgt haben. Die Erbsenbäuerinnen und -bauern können aber nicht so lange warten. Denn meist ist der Schaden bereits angerichtet, bevor sich die Nützlinge etablieren konnten", so Pfaller. 

Ein hilfreiches Werkzeug, um den Befall von virenübertragenden Blattläusen zu verfolgen, ist der Pflanzenschutz-Warndienst. Die Landwirtschaftskammer Österreich bietet dazu in Zusammenarbeit mit der AGES ein Monitoring an. Die Fallenbetreuer:innen beobachten regelmäßig die Aktivität der Blattläuse auf den Feldern. Dazu werden diese von den Pflanzen abgeklopft und über Gelbschalen am Feld gesammelt. Anschließend untersucht die AGES molekularbiologisch, ob die nachgewiesenen Blattläuse mit Viren befallen sind und somit von diesen eine Gefahr ausgeht oder nicht. 

Virusresistente Sorten nicht verfügbar

"Aber auch in der Pflanzenzucht gibt es noch Potenzial. Es wird zwar versucht, Wintererbsensorten gegen die Frühjahrstrockenheit zu etablieren, diese bringen aber noch keine ertraglichen Vorteile", erklärt Pfaller. Ebenso stehen bisher noch keine gegen Nanoviren resistenten Erbsensorten zur Verfügung. "Diese zu züchten, ist aufwendig und dauert Jahre, bis entsprechende Sorten verfügbar sind. Der Auftrag für Forschung und Züchtung besteht aber dennoch ganz klar darin, virusresistente Erbsensorten zu entwickeln“, erklärt Grausgruber-Gröger. Ein Ansatz, den Forscher:innen vom Julius Kühn-Institut (JKI) Braunschweig, der Genbank Gatersleben und der AGES Wien mit dem CORNET-Projekt "Spitfire" verfolgt haben. Es konnten gegen das PNYDV tolerante bzw. resistente Erbsengenotypen gefunden werden, welche die Basis dafür schaffen, der Landwirtschaft zukünftig PNYDV-resistente Erbsensorten zur Verfügung zu stellen. 

Hintergrund-Info:

Die Grüne Erbsenblattlaus, die Schwarze Bohnenlaus und die Grüne Pfirsichblattlaus sind bei der Übertragung des PNYDV besonders bedeutend. Diese stechen mit ihrem Saugrüssel zur Nahrungsaufnahme in die Nährstoffleitbahnen der Pflanzen und übertragen dabei das Virus von kranken auf gesunde Pflanzen. Die infizierten Pflanzen wachsen schließlich nur kümmerhaft und bleiben kleinwüchsig. Die Blätter verfärben sich außerdem gelb, sind meist verkleinert und eingerollt. Da der Blüten- und Hülsenansatz gering ist, bilden sich später kaum bis gar keine Erbsen aus. Infizieren die Blattläuse die Pflanzen früh in der Entwicklung, kann dies somit zu Totalausfällen führen. 

Neben Körnererbsen, die verarbeitet eine wichtige Rolle in menschlicher und tierischer Ernährung spielen, gibt es auch Gemüse- oder Grünerbsen, die meist direkt als Beilage auf den Tellern landen und hierzulande auf 2.000 ha angebaut werden. Bei dieser Kultur werden ebenso wie bei Körnererbsen massive Probleme durch Blattläuse, Nanoviren bzw. fehlende Bekämpfungsmöglichkeiten gemeldet. (Schluss) kra
7.296 Anschläge
  • Empfehlen
  • Drucken
  • PDF downloaden
  • RTF downloaden