Rinderwirtschaft benötigt dringend Sonderinvestitionsprogramm
Funktionierende Kreislaufwirtschaft: Grünland nur über Wiederkäuermagen für Lebensmittelproduktion nutzbar
Investitionen in die Tierhaltung sind für Bäuerinnen und Bauern Entscheidungen mit weitreichender Wirkung. Daher wollen die Projekte gut geplant sein und finanzierbar sein. Die Entwicklungen der Märkte sind schwer zu prognostizieren. Umso wichtiger ist es, dass die politischen Rahmenbedingungen für den Stallbau stabil sind und nicht nach wenigen Jahren geändert werden. Das würde weitere Investitionen nach sich ziehen, über geringere Besatzdichten die Zahl der Tiere und damit die Höhe des Umsatzes reduzieren oder Mehrkosten durch mehr Arbeitsaufwand bedeuten. Die Landwirtschaftskammer OÖ untermauert daher die Forderung nach einem Sonderinvestitionsprogramm für die Tierhaltung, um die verhaltene Investitionsbereitschaft der tierhaltenden bäuerlichen Betriebe anzukurbeln.
Viele bäuerliche Betriebe stehen vor der Entscheidung, ob Investitionen in der Rinderhaltung sinnvoll sind und getätigt werden sollen. Grundsätzlich sind die Bedingungen gut, weil der Rinderproduktionsstandort Österreich bzw. Mitteleuropa auf den Absatzmärkten im Nahen Osten bzw. Nordafrika an Bedeutung gewinnt. Außerdem erlauben die günstigen natürlichen Produktionsvoraussetzungen in Österreich die Rindfleisch-Herstellung ohne „künstliche“ Kreisläufe. Viele Teile von Oberösterreich bieten beste Voraussetzungen für die Rindfleischerzeugung.
„Damit unsere Bäuerinnen und Bauern dieses Potenzial ausschöpfen können, braucht es klare Vorgaben seitens des Tierschutzes, Marktmöglichkeiten und finanzielle Unterstützung durch Investitionsförderungen. Eine marktkonforme schrittweise Weiterentwicklung ist im Sinne der Landwirte. Die alleinige Forderung nach immer höheren Produktions- und Haltungsstandards ist zu wenig. Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch Großküchen, Gastronomie und der Handel müssen die in Umfragen bekundete Bereitschaft mehr zu bezahlen, auch tatsächlich unter Beweis stellen. Lippenbekenntnisse bei Umfragen reichen nicht aus, um die heimische Qualitätsproduktion von Fleisch abzusichern“, betont Karl Dietachmair, Kammerdirektor der Landwirtschaftskammer OÖ.
Hohe Baukosten und gesetzliche Vorschriften erfordern Sonderinvestitionsprogramm
Massiv gestiegene Baukosten, strengere gesetzliche Vorschriften im Bereich Tierwohl und Ammoniakreduktion, sowie ungewisse zukünftige Haltungsstandards führen aktuell nicht nur in der Schweine-, sondern auch in der Rinderhaltung zu einer verhaltenen Investitionstätigkeit bei Stallbauten. Hinzu kommt, dass die förderbaren Kosten bei der agrarischen Investitionsförderung mit maximal 400.000 Euro begrenzt sind. In der Praxis heißt das, dass dieser Betrag nicht die Unterstützung beziffert, sondern - je nach Umsetzungsvariante - einen Anteil davon von 20 bis 30 Prozent der tatsächlichen Kosten. Die Teuerung und Tierhaltungsauflagen führen bei Stallbauten zu enormen Investitionserfordernissen und Mehrkosten.
„Daher untermauere ich hier noch einmal die Forderung nach einem Sonderinvestitionsprogramm für den Stallbau im Rinderbereich, die wir bereits vor einem Jahr in einer Resolution der Vollversammlung beschlossen haben. Kommt es zu keiner Mittelerhöhung, droht eine drastische Reduktion des Rinderbestandes in Österreich. Das hätte nicht nur Auswirkungen auf die Rindfleischversorgung im Inland, sondern auch auf die Exportmärkte und auf die Pflege der Kulturlandschaft durch die kreislauf- und tierwohlorientierte Landwirtschaft in Österreich“, ist Dietachmair überzeugt.
Fleischexport ist Teil einer vorsorgenden Migrationspolitik
Dietachmair betont die Bedeutung des Exports, um die Ernährungssicherheit in benachbarten Regionen zu unterstützen und die Exportchancen der heimischen Produktion bei Milch und Rindfleisch zu nutzen. Der hohe Anteil an Berggebieten und Grünland in Österreich ermöglicht eine Qualitätsproduktion von Milch und Rindfleisch, die im Export gefragt ist und damit sowohl ein wichtiger Preisbestandteil ist als auch zur Wertschöpfung in Österreich beiträgt. Ein weiterer Nutzen ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der vor- und nachgelagerten Wirtschaft. „Europa sieht sich darüber hinaus verpflichtet, die Ernährungssicherheit in Krisenregionen wie Nordafrika und dem Nahen Osten zu gewährleisten, wo nur etwa 50 Prozent der Lebensmittel selbst produziert werden können. Dies ist auch ein Teil einer vorsorgenden Migrationspolitik“, ist Diertachmair überzeugt.
Durch Rinder gepflegte Landschaft ist Basis für den Tourismus
Der Tourismus spielt in Österreich als Wirtschaftsfaktor mit einem direkten und indirekten BIP-Anteil von 6,2 Prozent im Jahr 2023 eine wesentliche Rolle. Eine wichtige Grundlage dafür ist die gepflegte Landschaft. Gibt es keine Rinder mehr, die im Sommer Almen und Grünflächen abgrasen und somit diese Flächen vor dem Verwalden bewahren, wird es binnen weniger Jahre keine Almen mehr geben. Wichtige, für den Tourismus attraktive Landschaftsbilder, würden auch in den klassischen oberösterreichischen Rinderhaltungs-Regionen wie dem Mühl- oder Teilen des Innviertels wegfallen, denn das Grünland kann nur über den Wiederkäuermagen verwertet werden. „Bei einem Rückgang der Rindermast müssten wir letztendlich auch wieder mehr Kälber zur Aufzucht ins Ausland transportieren, da die Ausmast in Österreich bei einer geringeren Anzahl an Mastplätzen nicht mehr möglich wäre“, erläutert Dietachmair.
Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie
Für Konsumentinnen und Konsumenten muss klar ersichtlich sein, woher die Produkte kommen. Das AMA-Gütesiegel gibt die Gewissheit, dass das Tier in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet wurde. „Die ,Nichtkennzeichnung‘ von Import- oder No-Name-Ware ist zu wenig. Hier ist auch die Gastronomie einzubinden. Nur durch eine konsequent geregelte Herkunftskennzeichnung können Konsumenten auch im Gasthaus nachvollziehen, woher das Fleisch stammt und eine bewusste Entscheidung treffen“, ist Dietachmair überzeugt.
Handelsabkommen: gesamtheitliche Betrachtung ist notwendig
Bei der Umsetzung von Handelsabkommen muss die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt werden. Dazu gehören Schlachthöfe, Verarbeitungsbetriebe, der Lebensmittelhandel sowie Futtermittel- und Stallbaufirmen. „Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es nicht nur um die Landwirte und ihre Betriebe geht. Ein Abkommen wie Mercosur betrifft wesentlich mehr Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die primär Leidtragenden von höheren Fleischimporten aus Südamerika in die EU wären aber die Bäuerinnen und Bauern, da damit die Rindfleischpreise erheblich unter Druck kämen“, erläutert Dietachmair.
Tierhaltung steht im Zentrum der kreislauforientierten Landwirtschaft
Grünland- und Ackerfutterflächen machen fast die Hälfte der wirtschaftlichen Nutzfläche in Oberösterreich aus und diese können nur durch die Tierhaltung für die Agrar- und Lebensmittelproduktion genutzt werden. Natürliche Produktionsprozesse, wie z.B. im Wiederkäuermagen von Rindern, werden sich aber hinsichtlich der Klimawirkungen nur sehr begrenzt optimieren lassen.
„Es gibt hier mittlerweile eine ganze Reihe renommierter Klimawissenschaftler, die eine Änderung der bestehenden Klimabilanzierungsregelungen im Bereich Methan fordern. Der biogene Methanausstoß bewegt sich seit Jahrhunderten in einem natürlichen Kreislauf und ist gesamthaft betrachtet kein Mitverursacher der aktuellen Klimakrise. Diese resultiert vor allem aus der überbordenden Nutzung fossiler Energieträger. Hier braucht es eine fundierte Neubewertung der Klimawirkungen der landwirtschaftlichen Produktion sowie einen umfassenden Blick auf die gesamten Ökosystemleistungen einer bäuerlichen strukturierten landwirtschaftlichen Nutztierhaltung“, fordert der Kammerdirektor.
„Ständig aufkommende Forderungen und Diskussionen zu einem Abbau der Tierhaltung schaden dem Agrarstandort Oberösterreich und der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Ich bin fest überzeugt: Nur unsere bäuerlich strukturierte Familienlandwirtschaft mit ihrer ausschließlich bodengebundenen Produktion kann eine Tierhaltung im Einklang mit gesellschaftlichen Forderungen nach hohen Umwelt-, KIima- und Tierschutzstandards sicherstellen“, so Dietachmair abschließend.
Stärkung der Partnerschaft mit der Landwirtschaft ist ein wichtiges Anliegen
Die OSI Europe Foodworks GmbH ist ein bedeutender Akteur in der europäischen Fleischindustrie mit Schwerpunkt auf Rind- und Geflügelfleisch. Sie betreibt mehrere Standorte in Österreich, darunter Enns, Salzburg, Ruprechtshofen, Kirchschlag und Karlstetten. Das Unternehmen ist eng mit der Landwirtschaft verbunden und arbeitet sowohl mit lokalen als auch internationalen Kunden. Es verfolgt eine umfassende Wertschöpfungskette, die von der Schlachtung über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb reicht.
„Der österreichische Rindersektor ist gut für die Zukunft aufgestellt – mit einer starken Basis in der gesamten Wertschöpfungskette, hoher Innovationsfähigkeit und gelebter Regionalität“, ist der Managing Director Europe von OSI Europe Foodworks GmbH, Erik Schöttl, überzeugt.
Zielsetzungen des Unternehmens
Stärkung der Partnerschaft mit der Landwirtschaft: Durch enge Zusammenarbeit mit Landwirten wird die regionale Wertschöpfung gesichert.
Nachhaltige und innovative Fleischproduktion: Kontinuierliche Weiterentwicklung von Lösungen für die Beschaffung und den Absatz.
Globale Marktintegration: Nutzung des internationalen Vertriebsnetzes für den Export österreichischer Fleischprodukte.
Anpassung an Marktveränderungen: Reaktion auf volatile Märkte und Herausforderungen wie rückläufige Rinderbestände und globale Krisen.
Förderung regionaler Produktion: Sicherstellung regionaler Rohstoffversorgung und Unterstützung der heimischen Landwirtschaft.
Rindfleischmarkt 2025 mit positiver Entwicklung
Am Schlachtrindermarkt zeichnete sich 2024 eine allgemein positive Preisentwicklung ab, die sich zu Jahresbeginn 2025 auch weiter fortsetzt. Die Rindfleischerzeugerpreise wurden durch die allgemeinen Marktentwicklungen im europäischen Umfeld vorangetrieben und zeigten positive Tendenzen. Regional knappere Schlachtzahlen, geringe Lagerbestände an Rindfleisch sowie speziell auch die dynamische Exportnachfrage europaweit haben zur Marktentlastung und zur positiven Preisentwicklung beigetragen. Diese Preissteigerungen sind für die Bauern dringend notwendig, um ein entsprechendes Einkommen in der Rindfleisch-Produktion zu erzielen.
Rinderhaltung – eine wirtschaftliche sehr bedeutende Sparte in der Tierhaltung in OÖ
Mit knapp 530.000 Stück Rindern halten die rund 11.000 oberösterreichischen Rinderbauern fast 30 Prozent des gesamtösterreichischen Bestandes. Damit ist Oberösterreich das rinderstärkste Bundesland. Der Durchschnittsbestand je Betrieb liegt derzeit bei ca. 48 Tieren je Betrieb und damit über dem österreichischen Durchschnittsrinderbetrieb mit ca. 36 Rindern. Gesamt werden in Österreich auf ca. 50.400 Rinderbetrieben rund 1,8 Millionen Rinder gehalten. Trotz des fortschreitenden Strukturwandels sind die österreichischen Betriebe damit im internationalen Vergleich nach wie vor sehr kleinstrukturiert.
Rinderhaltung und Rindfleischproduktion rückläufig
Aufgrund der für die Rinderhaltung günstigen Produktionsbedingungen (hoher Grünlandanteil, eigene Futterproduktion, relativ gute Niederschlagsverteilung) hat Österreich bei Rindfleisch nach wie vor einen relativ hohen Eigenversorgungsgrad von ca. 140 Prozent. Diese günstigen Produktionsgrundlagen für die Haltung von Rindern gilt es auch in Zukunft weiter zu nutzen und mit Milch und Fleisch wichtige Ernährungsgrundlagen für die Bevölkerung sicherzustellen. Durch das Rind als Wiederkäuer wird nicht für den menschlichen Verzehr geeignetes Futter in hochwertige Eiweißquellen für die menschliche Ernährung veredelt.
Es ist aber klar festzuhalten, dass die Anzahl der Rinderhalter und auch der Rinderbestand in Österreich insgesamt deutlich rückläufig sind. So hat die Anzahl der Rinderhalter in den letzten zehn Jahren um rund 20 Prozent abgenommen. Auch der Rinderbestand hat sich in diesem Zeitraum um knapp acht Prozent reduziert.
Bei der Anzahl der Schlachtrinder je Kategorie zeigt sich ein ähnliches Bild (mit einem Minus von gesamt ca. zehn Prozent), wobei es in den Kategorien etwas unterschiedliche Entwicklungen gibt. Mit Abstand am stärksten rückläufig sind die Jungstiervermarktungszahlen sowie die Anzahl der Schlachtkälber mit einem Rückgang von jeweils mehr als 20 Prozent in der Kategorie.
Die Schlachtzahlen aus 2024 zeigen laut Statistik Austria in Relation zu den Zahlen aus dem Jahr 2014 folgenden Trend:
Jungstiere 218.105 Stück (-22,2 Prozent)
Ochsen 38.802 Stück (+32,8 Prozent)
Kalbinnen 105.344 Stück (+2,4 Prozent)
Kühe 182.990 Stück (-6,8 Prozent)
Jungrinder 16.000 Stück (-17,6 Prozent zu 2020)
Schlachtkalb 49.902 Stück (-25,7 Prozent)
Rindermast braucht Produktionsanreize
„Mit der rückläufigen Rinderproduktion verlieren wir in Österreich einerseits Wertschöpfungspotential in unserer kreislaufbasierenden Landwirtschaft. Zum anderen geht es auch um die Offenhaltung und Pflege der Kulturlandschaft durch die Wiederkäuer. Besonders Grenzertrags- oder schwieriger zu bewirtschaftende Flächen drohen ansonsten zuzuwachsen“, führt Johannes Minihuber, Geschäftsführer der Rinderbörse, aus.
Im Bereich der Rindermast wurde 2024 von KeyQuest eine Umfrage unter Rindermastbetrieben (überwiegend Stiermäster) durchgeführt. Diese gibt einen Ausblick, dass der Strukturwandel in den nächsten Jahren in der Rindermast weiter voranschreitet und vor allem kleinere Mastbetriebe ihre Jungstier-Produktion auslaufen lassen.
Als Hauptgründe für den Ausstieg aus der Rindermast werden genannt:
Mangelnde Rentabilität und fehlendes Kapital für notwenige Neu-bzw. Re-Investitionen
Teurer Stallbau
Spezialisierung auf anderen Betriebszweig
Fehlende Hofnachfolge
Nebenerwerb – Zeit als limitierender Faktor!
Steigende Anforderungen (Haltungsanforderungen, Planbarkeit)
„Deshalb ist es umso notwendiger, dass bestehende bzw. auch neue Rinderbetriebe, die in der Rindermast bzw. Rindfleischproduktion ihre Zukunft sehen, entsprechend planbare Voraussetzungen haben. Gute Vermarktungserlöse sind ein wichtiger Baustein für die Bauern. Planungs- und Produktionssicherheit in den bestehenden Haltungssystemen sind genau so wichtig wie eine verbesserte Unterstützung bei Neu- bzw. Re-Investitionen aufgrund der massiv gestiegenen Kosten für den Stallbau. Als Erzeugergemeinschaft setzen wir vielseitige Vermarktungsprojekte im Rahmen des AMA-Gütesiegels bzw. der Bio-Richtlinien entlang der gesamten Wertschöpfungskette um und sichern den Bauern eine geregelte Abnahme mit Zahlungsgarantie“, so Minihuber. (Schluss)
Viele bäuerliche Betriebe stehen vor der Entscheidung, ob Investitionen in der Rinderhaltung sinnvoll sind und getätigt werden sollen. Grundsätzlich sind die Bedingungen gut, weil der Rinderproduktionsstandort Österreich bzw. Mitteleuropa auf den Absatzmärkten im Nahen Osten bzw. Nordafrika an Bedeutung gewinnt. Außerdem erlauben die günstigen natürlichen Produktionsvoraussetzungen in Österreich die Rindfleisch-Herstellung ohne „künstliche“ Kreisläufe. Viele Teile von Oberösterreich bieten beste Voraussetzungen für die Rindfleischerzeugung.
„Damit unsere Bäuerinnen und Bauern dieses Potenzial ausschöpfen können, braucht es klare Vorgaben seitens des Tierschutzes, Marktmöglichkeiten und finanzielle Unterstützung durch Investitionsförderungen. Eine marktkonforme schrittweise Weiterentwicklung ist im Sinne der Landwirte. Die alleinige Forderung nach immer höheren Produktions- und Haltungsstandards ist zu wenig. Konsumentinnen und Konsumenten, aber auch Großküchen, Gastronomie und der Handel müssen die in Umfragen bekundete Bereitschaft mehr zu bezahlen, auch tatsächlich unter Beweis stellen. Lippenbekenntnisse bei Umfragen reichen nicht aus, um die heimische Qualitätsproduktion von Fleisch abzusichern“, betont Karl Dietachmair, Kammerdirektor der Landwirtschaftskammer OÖ.
Hohe Baukosten und gesetzliche Vorschriften erfordern Sonderinvestitionsprogramm
Massiv gestiegene Baukosten, strengere gesetzliche Vorschriften im Bereich Tierwohl und Ammoniakreduktion, sowie ungewisse zukünftige Haltungsstandards führen aktuell nicht nur in der Schweine-, sondern auch in der Rinderhaltung zu einer verhaltenen Investitionstätigkeit bei Stallbauten. Hinzu kommt, dass die förderbaren Kosten bei der agrarischen Investitionsförderung mit maximal 400.000 Euro begrenzt sind. In der Praxis heißt das, dass dieser Betrag nicht die Unterstützung beziffert, sondern - je nach Umsetzungsvariante - einen Anteil davon von 20 bis 30 Prozent der tatsächlichen Kosten. Die Teuerung und Tierhaltungsauflagen führen bei Stallbauten zu enormen Investitionserfordernissen und Mehrkosten.
„Daher untermauere ich hier noch einmal die Forderung nach einem Sonderinvestitionsprogramm für den Stallbau im Rinderbereich, die wir bereits vor einem Jahr in einer Resolution der Vollversammlung beschlossen haben. Kommt es zu keiner Mittelerhöhung, droht eine drastische Reduktion des Rinderbestandes in Österreich. Das hätte nicht nur Auswirkungen auf die Rindfleischversorgung im Inland, sondern auch auf die Exportmärkte und auf die Pflege der Kulturlandschaft durch die kreislauf- und tierwohlorientierte Landwirtschaft in Österreich“, ist Dietachmair überzeugt.
Fleischexport ist Teil einer vorsorgenden Migrationspolitik
Dietachmair betont die Bedeutung des Exports, um die Ernährungssicherheit in benachbarten Regionen zu unterstützen und die Exportchancen der heimischen Produktion bei Milch und Rindfleisch zu nutzen. Der hohe Anteil an Berggebieten und Grünland in Österreich ermöglicht eine Qualitätsproduktion von Milch und Rindfleisch, die im Export gefragt ist und damit sowohl ein wichtiger Preisbestandteil ist als auch zur Wertschöpfung in Österreich beiträgt. Ein weiterer Nutzen ist die Erhaltung von Arbeitsplätzen in der vor- und nachgelagerten Wirtschaft. „Europa sieht sich darüber hinaus verpflichtet, die Ernährungssicherheit in Krisenregionen wie Nordafrika und dem Nahen Osten zu gewährleisten, wo nur etwa 50 Prozent der Lebensmittel selbst produziert werden können. Dies ist auch ein Teil einer vorsorgenden Migrationspolitik“, ist Diertachmair überzeugt.
Durch Rinder gepflegte Landschaft ist Basis für den Tourismus
Der Tourismus spielt in Österreich als Wirtschaftsfaktor mit einem direkten und indirekten BIP-Anteil von 6,2 Prozent im Jahr 2023 eine wesentliche Rolle. Eine wichtige Grundlage dafür ist die gepflegte Landschaft. Gibt es keine Rinder mehr, die im Sommer Almen und Grünflächen abgrasen und somit diese Flächen vor dem Verwalden bewahren, wird es binnen weniger Jahre keine Almen mehr geben. Wichtige, für den Tourismus attraktive Landschaftsbilder, würden auch in den klassischen oberösterreichischen Rinderhaltungs-Regionen wie dem Mühl- oder Teilen des Innviertels wegfallen, denn das Grünland kann nur über den Wiederkäuermagen verwertet werden. „Bei einem Rückgang der Rindermast müssten wir letztendlich auch wieder mehr Kälber zur Aufzucht ins Ausland transportieren, da die Ausmast in Österreich bei einer geringeren Anzahl an Mastplätzen nicht mehr möglich wäre“, erläutert Dietachmair.
Herkunftskennzeichnung auch in der Gastronomie
Für Konsumentinnen und Konsumenten muss klar ersichtlich sein, woher die Produkte kommen. Das AMA-Gütesiegel gibt die Gewissheit, dass das Tier in Österreich geboren, gemästet und geschlachtet wurde. „Die ,Nichtkennzeichnung‘ von Import- oder No-Name-Ware ist zu wenig. Hier ist auch die Gastronomie einzubinden. Nur durch eine konsequent geregelte Herkunftskennzeichnung können Konsumenten auch im Gasthaus nachvollziehen, woher das Fleisch stammt und eine bewusste Entscheidung treffen“, ist Dietachmair überzeugt.
Handelsabkommen: gesamtheitliche Betrachtung ist notwendig
Bei der Umsetzung von Handelsabkommen muss die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt werden. Dazu gehören Schlachthöfe, Verarbeitungsbetriebe, der Lebensmittelhandel sowie Futtermittel- und Stallbaufirmen. „Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es nicht nur um die Landwirte und ihre Betriebe geht. Ein Abkommen wie Mercosur betrifft wesentlich mehr Arbeitsplätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die primär Leidtragenden von höheren Fleischimporten aus Südamerika in die EU wären aber die Bäuerinnen und Bauern, da damit die Rindfleischpreise erheblich unter Druck kämen“, erläutert Dietachmair.
Tierhaltung steht im Zentrum der kreislauforientierten Landwirtschaft
Grünland- und Ackerfutterflächen machen fast die Hälfte der wirtschaftlichen Nutzfläche in Oberösterreich aus und diese können nur durch die Tierhaltung für die Agrar- und Lebensmittelproduktion genutzt werden. Natürliche Produktionsprozesse, wie z.B. im Wiederkäuermagen von Rindern, werden sich aber hinsichtlich der Klimawirkungen nur sehr begrenzt optimieren lassen.
„Es gibt hier mittlerweile eine ganze Reihe renommierter Klimawissenschaftler, die eine Änderung der bestehenden Klimabilanzierungsregelungen im Bereich Methan fordern. Der biogene Methanausstoß bewegt sich seit Jahrhunderten in einem natürlichen Kreislauf und ist gesamthaft betrachtet kein Mitverursacher der aktuellen Klimakrise. Diese resultiert vor allem aus der überbordenden Nutzung fossiler Energieträger. Hier braucht es eine fundierte Neubewertung der Klimawirkungen der landwirtschaftlichen Produktion sowie einen umfassenden Blick auf die gesamten Ökosystemleistungen einer bäuerlichen strukturierten landwirtschaftlichen Nutztierhaltung“, fordert der Kammerdirektor.
„Ständig aufkommende Forderungen und Diskussionen zu einem Abbau der Tierhaltung schaden dem Agrarstandort Oberösterreich und der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln. Ich bin fest überzeugt: Nur unsere bäuerlich strukturierte Familienlandwirtschaft mit ihrer ausschließlich bodengebundenen Produktion kann eine Tierhaltung im Einklang mit gesellschaftlichen Forderungen nach hohen Umwelt-, KIima- und Tierschutzstandards sicherstellen“, so Dietachmair abschließend.
Stärkung der Partnerschaft mit der Landwirtschaft ist ein wichtiges Anliegen
Die OSI Europe Foodworks GmbH ist ein bedeutender Akteur in der europäischen Fleischindustrie mit Schwerpunkt auf Rind- und Geflügelfleisch. Sie betreibt mehrere Standorte in Österreich, darunter Enns, Salzburg, Ruprechtshofen, Kirchschlag und Karlstetten. Das Unternehmen ist eng mit der Landwirtschaft verbunden und arbeitet sowohl mit lokalen als auch internationalen Kunden. Es verfolgt eine umfassende Wertschöpfungskette, die von der Schlachtung über die Verarbeitung bis hin zum Vertrieb reicht.
„Der österreichische Rindersektor ist gut für die Zukunft aufgestellt – mit einer starken Basis in der gesamten Wertschöpfungskette, hoher Innovationsfähigkeit und gelebter Regionalität“, ist der Managing Director Europe von OSI Europe Foodworks GmbH, Erik Schöttl, überzeugt.
Zielsetzungen des Unternehmens
Stärkung der Partnerschaft mit der Landwirtschaft: Durch enge Zusammenarbeit mit Landwirten wird die regionale Wertschöpfung gesichert.
Nachhaltige und innovative Fleischproduktion: Kontinuierliche Weiterentwicklung von Lösungen für die Beschaffung und den Absatz.
Globale Marktintegration: Nutzung des internationalen Vertriebsnetzes für den Export österreichischer Fleischprodukte.
Anpassung an Marktveränderungen: Reaktion auf volatile Märkte und Herausforderungen wie rückläufige Rinderbestände und globale Krisen.
Förderung regionaler Produktion: Sicherstellung regionaler Rohstoffversorgung und Unterstützung der heimischen Landwirtschaft.
Rindfleischmarkt 2025 mit positiver Entwicklung
Am Schlachtrindermarkt zeichnete sich 2024 eine allgemein positive Preisentwicklung ab, die sich zu Jahresbeginn 2025 auch weiter fortsetzt. Die Rindfleischerzeugerpreise wurden durch die allgemeinen Marktentwicklungen im europäischen Umfeld vorangetrieben und zeigten positive Tendenzen. Regional knappere Schlachtzahlen, geringe Lagerbestände an Rindfleisch sowie speziell auch die dynamische Exportnachfrage europaweit haben zur Marktentlastung und zur positiven Preisentwicklung beigetragen. Diese Preissteigerungen sind für die Bauern dringend notwendig, um ein entsprechendes Einkommen in der Rindfleisch-Produktion zu erzielen.
Rinderhaltung – eine wirtschaftliche sehr bedeutende Sparte in der Tierhaltung in OÖ
Mit knapp 530.000 Stück Rindern halten die rund 11.000 oberösterreichischen Rinderbauern fast 30 Prozent des gesamtösterreichischen Bestandes. Damit ist Oberösterreich das rinderstärkste Bundesland. Der Durchschnittsbestand je Betrieb liegt derzeit bei ca. 48 Tieren je Betrieb und damit über dem österreichischen Durchschnittsrinderbetrieb mit ca. 36 Rindern. Gesamt werden in Österreich auf ca. 50.400 Rinderbetrieben rund 1,8 Millionen Rinder gehalten. Trotz des fortschreitenden Strukturwandels sind die österreichischen Betriebe damit im internationalen Vergleich nach wie vor sehr kleinstrukturiert.
Rinderhaltung und Rindfleischproduktion rückläufig
Aufgrund der für die Rinderhaltung günstigen Produktionsbedingungen (hoher Grünlandanteil, eigene Futterproduktion, relativ gute Niederschlagsverteilung) hat Österreich bei Rindfleisch nach wie vor einen relativ hohen Eigenversorgungsgrad von ca. 140 Prozent. Diese günstigen Produktionsgrundlagen für die Haltung von Rindern gilt es auch in Zukunft weiter zu nutzen und mit Milch und Fleisch wichtige Ernährungsgrundlagen für die Bevölkerung sicherzustellen. Durch das Rind als Wiederkäuer wird nicht für den menschlichen Verzehr geeignetes Futter in hochwertige Eiweißquellen für die menschliche Ernährung veredelt.
Es ist aber klar festzuhalten, dass die Anzahl der Rinderhalter und auch der Rinderbestand in Österreich insgesamt deutlich rückläufig sind. So hat die Anzahl der Rinderhalter in den letzten zehn Jahren um rund 20 Prozent abgenommen. Auch der Rinderbestand hat sich in diesem Zeitraum um knapp acht Prozent reduziert.
Bei der Anzahl der Schlachtrinder je Kategorie zeigt sich ein ähnliches Bild (mit einem Minus von gesamt ca. zehn Prozent), wobei es in den Kategorien etwas unterschiedliche Entwicklungen gibt. Mit Abstand am stärksten rückläufig sind die Jungstiervermarktungszahlen sowie die Anzahl der Schlachtkälber mit einem Rückgang von jeweils mehr als 20 Prozent in der Kategorie.
Die Schlachtzahlen aus 2024 zeigen laut Statistik Austria in Relation zu den Zahlen aus dem Jahr 2014 folgenden Trend:
Jungstiere 218.105 Stück (-22,2 Prozent)
Ochsen 38.802 Stück (+32,8 Prozent)
Kalbinnen 105.344 Stück (+2,4 Prozent)
Kühe 182.990 Stück (-6,8 Prozent)
Jungrinder 16.000 Stück (-17,6 Prozent zu 2020)
Schlachtkalb 49.902 Stück (-25,7 Prozent)
Rindermast braucht Produktionsanreize
„Mit der rückläufigen Rinderproduktion verlieren wir in Österreich einerseits Wertschöpfungspotential in unserer kreislaufbasierenden Landwirtschaft. Zum anderen geht es auch um die Offenhaltung und Pflege der Kulturlandschaft durch die Wiederkäuer. Besonders Grenzertrags- oder schwieriger zu bewirtschaftende Flächen drohen ansonsten zuzuwachsen“, führt Johannes Minihuber, Geschäftsführer der Rinderbörse, aus.
Im Bereich der Rindermast wurde 2024 von KeyQuest eine Umfrage unter Rindermastbetrieben (überwiegend Stiermäster) durchgeführt. Diese gibt einen Ausblick, dass der Strukturwandel in den nächsten Jahren in der Rindermast weiter voranschreitet und vor allem kleinere Mastbetriebe ihre Jungstier-Produktion auslaufen lassen.
Als Hauptgründe für den Ausstieg aus der Rindermast werden genannt:
Mangelnde Rentabilität und fehlendes Kapital für notwenige Neu-bzw. Re-Investitionen
Teurer Stallbau
Spezialisierung auf anderen Betriebszweig
Fehlende Hofnachfolge
Nebenerwerb – Zeit als limitierender Faktor!
Steigende Anforderungen (Haltungsanforderungen, Planbarkeit)
„Deshalb ist es umso notwendiger, dass bestehende bzw. auch neue Rinderbetriebe, die in der Rindermast bzw. Rindfleischproduktion ihre Zukunft sehen, entsprechend planbare Voraussetzungen haben. Gute Vermarktungserlöse sind ein wichtiger Baustein für die Bauern. Planungs- und Produktionssicherheit in den bestehenden Haltungssystemen sind genau so wichtig wie eine verbesserte Unterstützung bei Neu- bzw. Re-Investitionen aufgrund der massiv gestiegenen Kosten für den Stallbau. Als Erzeugergemeinschaft setzen wir vielseitige Vermarktungsprojekte im Rahmen des AMA-Gütesiegels bzw. der Bio-Richtlinien entlang der gesamten Wertschöpfungskette um und sichern den Bauern eine geregelte Abnahme mit Zahlungsgarantie“, so Minihuber. (Schluss)
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