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Innsbruck, 24. Juli 2024 (aiz.info)

LK Tirol: Landwirtschaft wirtschaften und leben lassen

Im Rahmen der diesjährigen Bezirksrunde lud die Kammerspitze zum Pressegespräch nach Leisach

Dieses Jahr lautet der thematische Jahresschwerpunkt der Landwirtschaftskammer Tirol „Arbeitsplatz Bauernhof – Feld der Möglichkeiten“. Dabei werden Chancen, aber auch Herausforderungen aufgezeigt, die die Tiroler Bäuerinnen und Bauern aktuell beschäftigen.
 
Wie auch für andere Branchen, sind es für die Land- und Forstwirtschaft aktuell turbulente Zeiten. Dabei gibt es viele positive Aspekte, wie etwa das gute Ausbildungsniveau und grundsätzlich große Interesse an einer Tätigkeit in der Landwirtschaft: „Unsere Schulen sind voll und es gibt auch viele Quereinsteiger, die sich dafür interessieren, einen landwirtschaftlichen Betrieb zu führen. Was die Situation trübt, sind die sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen und die damit fehlende Planungssicherheit. Vom bürokratischen Mehraufwand gar nicht zu reden“, so Landwirtschaftskammer (LK) Tirol-Präsident Josef Hechenberger. Er setzt sich auch auf Bundesebene dafür ein, dass die Spielregeln fair bleiben: „Wir produzieren bereits nach strengsten Standards und sind gerne bereit, uns weiter zu verbessern. Das geht aber nur mit fairen Produktpreisen und eben einer langfristigen Planungssicherheit. Innerhalb Europas die Daumenschrauben anzuziehen und zugleich die Importquoten zu erhöhen ist kein Modell, das die Lebensmittelproduktion für die Zukunft absichern wird.“
 
Arbeitsintensiv, aber erfüllend
 
Von den rund 14.000 bäuerlichen Betrieben in Tirol werden rund 60 Prozent im Nebenerwerb bewirtschaftet. Aber gerade junge Familien wagen auch immer wieder den Schritt in den Vollerwerb. „Das kann gelingen, wenn es den Freiraum gibt, die Gestaltungsmöglichkeiten am Hof zu nutzen. Gerade in Kombination mit dem Tourismus ergeben sich viele Varianten, wie ein zusätzliches Einkommen am Betrieb erwirtschaftet werden kann“, ist sich LK Tirol-Vizepräsidentin und Landesbäuerin Helga Brunschmid sicher.
Sie unterstreicht die Wichtigkeit der Rolle der Frauen auf den Betrieben: „Wir haben viele Bäuerinnen, die beruflich aus einer ganz anderen Ecke kommen. Wir wollen sie dazu ermutigen, ihre Fähigkeiten auch am Betrieb einzubringen – gerade im Bereich der sozialen Landwirtschaft gibt es da sicherlich noch Potential.“
 
Voraussetzungen für Nebenerwerb
 
„Der Großteil unserer insgesamt 1.520 Betriebe im Bezirk arbeitet im Nebenerwerb. Einige suchen und finden eine Nische, um ihren Hof im Vollerwerb zu führen, das ist aber aufgrund der kleinen Strukturen nicht für alle möglich. Daher ist es aus meiner Sicht umso wichtiger, dass die Arbeit, die auf dem Bauernhof geleistet wird, auch von den jeweiligen Arbeitgebern anerkannt wird und eine gewisse Flexibilität gegeben ist. Das funktioniert aus meiner Sicht gut, denn die Bäuerinnen und Bauern sind wiederum gefragte Mitarbeiter. Aber auch die überbetriebliche Zusammenarbeit ist ein entscheidender Faktor – denn in vielen Fällen ist die Bewirtschaftung im Nebenerwerb nur so zu bewältigen. Damit der ‚Arbeitsplatz Bauernhof‘ auch in Zukunft besteht, braucht es gut ausgebildete Hofnachfolgerinnen und Hofnachfolger. Der Grundstein dafür wird in der landwirtschaftlichen Ausbildung gelegt. Erfreulicherweise verzeichnen wir einen ungebrochenen Zustrom an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt“, so Bezirksobmann Konrad Kreuzer.
 
Gestärkt in die Zukunft
 
Unabhängig von allen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren, ist die Familie und ihr Zusammenhalt eine der wichtigsten Voraussetzung für den Erfolg eines landwirtschaftlichen Betriebes. Gerade die Frauen übernehmen hier oft Schlüsselfunktionen, weshalb sie entsprechend unterstützt werden: „Wir wollen das Selbstbewusstsein der Frauen stärken, damit sie auch auf sich schauen und über wesentliche Themen, wie beispielsweise die Altersvorsorge, rechtzeitig nachdenken. Hinsichtlich der rechtlichen Situation gibt es noch Aufklärungsbedarf und wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, die Frauen auf den Höfen zu informieren. Wir haben hier nicht nur eine Broschüre, sondern informieren auch in speziellen Veranstaltungen“, unterstreicht Bezirksbäuerin Karin Huber einen inhaltlichen Schwerpunkt der Bäuerinnen.
 
Arbeits-Raum
 
Im Rahmen der Bezirksrunde wurde der Gasslerhof der Familie Senfter in Leisach besucht. Ulrike und Johannes führen den Betrieb gemeinsam, wobei Hannes eher für die landwirtschaftlichen Gebiete – Mutterkuhhaltung, Ochsenmast und Forstarbeit -  zuständig ist und Ulrike maßgeblich die Frühstückspension mit 40 Betten verantwortet. Auch die drei ältesten Söhne haben einen Teil ihres Arbeitsplatzes am Hof: Jonas, Jakob und Elias haben gemeinsam eine Firma zur Palettenherstellung gegründet, wo sie hauptsächlich für eine in der Nachbarschaft liegende Firma produzieren und eigenes Käferholz, das selbst geschnitten wurde, noch veredeln. Außerdem wurde von Jonas Senfter eine mobile Hofsäge geplant und gebaut. Mit dem eigenen Holzhänger wird nicht nur das eigene Holz, sondern als Dienstleistung auch Holz anderer Bauern, gebracht. Abfälle, die beim Sägebetrieb entstehen, werden zu Hackschnitzeln verarbeitet und in der eigenen Anlage verwertet – eine Investition, die sich laut Familie Senfter sehr gelohnt hat: der Jahresbedarf von ca. 200 Kubikmetern für den gesamten Betrieb kann autark gedeckt werden. Investiert hat der Betrieb auch in eine Photovoltaikanlage auf dem Stadldach, das vor einigen Jahren saniert wurde. Im Zuge dieser Sanierung hat sich Ulrike Senfter den Traum vom eigenen Atelier erfüllt: Sie ist Absolventin des Modekollegs Villach und hat sich ausgehend von der Schneiderei autodidaktisch im Bereich der Taschnerei weitergebildet. „Das ist für mich ein idealer Ausgleich, den ich auch als berufliches Standbein ausbauen möchte“, schildert sie ihre Leidenschaft. Die dafür nötigen Behördengänge arbeitet sie gerade ab.  „Es ist zwar viel Arbeit, aber was wir schon schätzen, ist der Platz am Hof. Das ist nicht nur räumlich zu sehen, sondern einfach auch als Fülle an Möglichkeiten, die sich bieten, um Neues auszuprobieren und sich ein Stück weit zu verwirklichen. Man hat viele Optionen, wobei überall viel Bürokratie dahintersteckt, so ehrlich muss man sein. In Summe wissen wir aber um die Lebensqualität am Bauernhof, gerade für uns als Familie“, sind sich Ulrike und Hannes Senfter einig. (Schluss)
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