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Linz, 4. November 2025 (aiz.info)

EU-Ukraine-Abkommen: Rückkehr zu restriktiven Importkontingenten bringt Entlastung

Nun rasch EU-Produktionsstandards für verbleibende Importe implementieren

Mit Ende Oktober ist eine überarbeitete Fassung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine in Kraft getreten. Damit endet eine Phase der nahezu vollständigen Marktöffnung, die den europäischen Agrarsektor in den letzten Jahren massiv unter Druck gesetzt hat. Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich begrüßt die Rückkehr zu klaren Kontingentregelungen als dringend notwendige Maßnahme zur Stabilisierung des EU-Agrarmarkts.

"Die Erfahrungen der letzten Jahre haben deutlich gezeigt, dass eine unregulierte Marktöffnung mit Drittstaaten wie der Ukraine zu massiven Marktverwerfungen führt. Unsere bäuerlichen Familienbetriebe wurden mit einer Importflut konfrontiert, die sie unter den bestehenden Produktionsauflagen nicht wettbewerbsfähig bewältigen konnten. Insbesondere der Ackerbau ist damit in den letzten Jahren massiv unter Druck geraten. Die nun beschlossenen Kontingente sind ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Fairness", betont LK-Präsident Franz Waldenberger.

Importflut setzte EU-Landwirtschaft massiv unter Druck

Nach dem Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges hatte die EU im Juni 2022 im Rahmen einer sogenannten autonomen Handelsmaßnahme den Agrarhandel mit der Ukraine weitgehend liberalisiert. Diese vollständige Marktöffnung wurde zunächst für ein Jahr beschlossen, später zweimal verlängert - zuletzt bis zum 5. Juni 2025, wobei gegen Ende bereits erste Importbremsen für sensible Produkte wie Mais, Weizen, Zucker, Eier und Geflügel eingeführt wurden. In dieser Zeit wurde der EU-Agrarmarkt mit zollfreien Importen aus der Ukraine regelrecht überschwemmt. Auf intensives Drängen der bäuerlichen Interessenvertretung wurde diese Ausnahmeregelung schließlich beendet.

Die Auswirkungen dieser Politik waren deutlich spürbar: Die Zuckerimporte stiegen von 18.000 Tonnen im Jahr 2021 auf bis zu 500.000 Tonnen, bei Weizen von 300.000 auf 6,4 Millionen Tonnen, bei Mais von 7,4 auf 13,8 Millionen Tonnen und bei Geflügel von 75.000 auf 173.000 Tonnen jährlich. Diese Entwicklung hat gezeigt, dass die europäische Landwirtschaft mit einer derart weitreichenden Marktöffnung überfordert war - ein regulierendes Zollregime ist daher unumgänglich. 

Wieder restriktive Kontingente für Ukraine-Importe

Mit dem neuen Abkommen gelten nun zollfreie Mengen für 31 ukrainische Agrarprodukte - gegenüber 36 im ursprünglichen Abkommen. Die Kontingente wurden zwar teilweise ausgeweitet, bleiben aber bei zentralen Produkten deutlich unter den Importmengen der Vorjahre. So dürfen künftig nur noch 1,3 Millionen Tonnen Weizen zollfrei eingeführt werden - ein Bruchteil der zuletzt importierten Mengen. Auch beim Zucker (100.000 Tonnen) und Geflügel (120.000 Tonnen) wurden Obergrenzen eingezogen, die eine spürbare Entlastung bringen.

"Die Mengenentwicklungen haben gezeigt, wie stark die europäische Landwirtschaft durch eine unregulierte Marktöffnung unter Druck geraten kann. Die neuen Kontingente bringen hier eine spürbare Verbesserung und sind ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung fairer Marktbedingungen", betont LK-Präsident Franz Waldenberger.

Faire Standards für Importe müssen auch umgesetzt werden

Die neue Vereinbarung gilt für mindestens drei Jahre und knüpft den zukünftigen Marktzugang der Ukraine an die schrittweise Angleichung an EU-Produktionsstandards - insbesondere in den Bereichen Tierschutz, Pflanzenschutz und Tierarzneimittel. Zusätzlich wurden Schutzmechanismen vereinbart, die bei Marktstörungen aktiviert werden können. Aus Sicht der Landwirtschaftskammer Oberösterreich ist es nun entscheidend, dass diese Angleichung der Produktionsstandards nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch konsequent umgesetzt und kontrolliert wird. Faire Wettbewerbsbedingungen setzen voraus, dass importierte Produkte denselben Anforderungen genügen wie jene aus der EU - etwa hinsichtlich Rückständen verbotener Pflanzenschutzmittel oder bei der Einhaltung von Tierschutzvorgaben.

"Es braucht eine konsequente Kontrolle und Umsetzung der Angleichung von Produktionsstandards - für unsere Bäuerinnen und Bauern ebenso wie für die Konsumentinnen und Konsumenten. Die politische und wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine bleibt wichtig, darf aber nicht in einer Form erfolgen, die unsere Landwirtschaft dauerhaft überfordert. Die Bauernschaft kann nicht einseitig die Last der notwendigen wirtschaftlichen Unterstützung für die Ukraine tragen", betont Kammerpräsident Franz Waldenberger.

Steigende Kosten und sinkende Preise als wirtschaftliche Doppelmühle

Die wirtschaftliche Situation im heimischen Ackerbau ist aktuell sehr angespannt. Laut Grünem Bericht 2025 liegt das Einkommensniveau im Marktfruchtbau um 20,6% unter dem Dreijahresdurchschnitt - während der Durchschnitt aller landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich ein leichtes Plus von 3,3% verzeichnet. Die Deckungsbeiträge der flächenstarken Kulturen, allen voran Getreide, stehen seit mehreren Jahren massiv unter Druck. Während sich die Erlöse am Weltmarkt orientieren, sind die Produktionskosten in der EU deutlich stärker gestiegen als bei internationalen Mitbewerbern. Viele Ackerbaubetriebe sehen sich dadurch - trotz hoher Erträge - zunehmend in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Vor diesem Hintergrund ist die Rückkehr zu mengenmäßigen Importbegrenzungen ein dringend notwendiges Signal.

Lösung für zentrales handelspolitisches Problem

Die heimische Landwirtschaft ist aktuell mit einer Vielzahl handelspolitischer Herausforderungen und Probleme konfrontiert. Die Marktliberalisierung mit der Ukraine hatte dabei in den vergangenen Jahren die massivsten negativen Konsequenzen. "Aufgrund des intensiven interessenspolitischen Einsatzes der Bauernvertretung konnte insbesondere mit massiver Unterstützung der österreichischen Bundesregierung auf EU-Ebene wieder eine wirtschaftlich weitgehend tragbare Lösung für die heimische Bauernschaft erzielt werden. Nun gilt es rasch auch für die verbleibenden Importe aus der Ukraine zu mit der EU vergleichbaren Produktionsstandards zu kommen", appelliert LK-Präsident Franz Waldenberger. (Schluss)
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