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Straßburg, 14. November 2025 (aiz.info)

Plenardebatte im Europaparlament: Rede der Kommissionspräsidentin zum MFR

"Es geht nicht nur um Zahlen und Haushaltslinien. Es geht um die Zukunft Europas."

Straßburg, 14. November 2025 (aiz.info). -  Die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen hat in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MF) 2028-2034 betont: „Bei der heutigen Debatte geht es nicht nur um Zahlen und Haushaltslinien. Es geht darum, wer wir sind und wer wir sein wollen. Es geht um die Zukunft Europas.”

Ein starker und verlässlicher Haushalt

Von der Leyen verwies in ihrer Rede auf die Bedrohungen und Herausforderungen, mit denen sich die EU konfrontiert sieht und die das Europäische Parlament immer wieder erörtert hat: „Den Wettstreit der Großmächte um die Neugestaltung der Weltordnung genauso wie die täglichen Anstrengungen unserer Familien und Unternehmen. Exportkontrollen, die unserer Industrie schaden, und Drohnenschwärme, die unseren Luftraum verletzen. Das ist die Welt, in der wir leben. Und deshalb brauchen wir einen starken und verlässlichen neuen Haushalt.“

Nachhaltigere Gestaltung

Von der Leyen erinnerte daran, dass die EU derzeit mit einem MFR arbeite, der 2018 in einer völlig anderen Welt entworfen wurde. Das habe angesichts diverser Krisen zu langen Nächten im Europäischen Rat oder im Trilog geführt im Versuch, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden: „Dieses Maß an Unsicherheit und Improvisation ist einfach nicht nachhaltig. Jedes Mal forderte das Parlament zu Recht mehr Ehrgeiz, mehr Kohärenz und mehr Flexibilität. Sie hatten absolut Recht: Wir können dieser gefährlichen Welt nicht die Stirn bieten, solange uns die Hände gebunden sind. Und der Vorschlag auf dem Tisch ist die Antwort auf Ihren Appell.“

Erste Säule: nationale und regionale Partnerschaftspläne

Von der Leyen nannte das Volumen des neuen MFR – fast 2 Billionen Euro – verantwortungsvoll. Das beginne mit der Rückzahlung der gemeinsamen Anleihen für NextGenerationEU und schaffe neue Einnahmequellen. „Wir bringen finanzielle Schlagkraft mit Verantwortung in Einklang.” Dazu komme das Thema Investitionen: „Europa muss mehr investieren, und es muss besser investieren. Dies war eine wichtige Empfehlung des Draghi-Berichts.“ Es gebe mit aktuell 52 Programmen zu viele Fördertöpfe und zu viel Komplexität für die Unternehmen und Menschen. „Wir brauchen ein Budget, das einfach und unkompliziert ist. Deshalb haben wir nationale und regionale Partnerschaftspläne vorgeschlagen. Dies wird es jedem Land und jeder Region ermöglichen, Reformen und Investitionen als Ganzes zu konzipieren.”  

Rolle von Kohäsion und Landwirtschaft

Von der Leyen betonte in ihrer Rede, dass Kohäsion und Landwirtschaft weiter im Mittelpunkt des Haushalts stehen. „Die Gestaltung der Kohäsionspolitik bleibt unverändert – unter umfassender Einbeziehung der Regionen. Und natürlich werden sich die Regionen auch weiterhin direkt mit der Kommission austauschen.“ 

Auch die Gemeinsame Agrarpolitik GAP ruhe auf einem festen Fundament: „ Wir legen eine Mindestmittelausstattung fest, um das Einkommen der Landwirte zu stützen. Die Mitgliedstaaten und Regionen werden aber auch ländliche Gebiete unterstützen müssen. Ein neues „Ziel für den ländlichen Raum“ wird die Finanzierung dieser Gebiete sicherstellen. Und das ist noch nicht alles. Im aktuellen Haushalt fraß die rapide steigende Inflation das Einkommen der Landwirte geradezu auf. In unserem Vorschlag für den MFR dagegen werden die Einkommen der Landwirte an die Inflation angepasst.“

Zweite Säule: Fonds für Wettbewerbsfähigkeit

Von der Leyen bezeichnete den Fonds für Wettbewerb als leistungsstarkes Instrument für Investitionen in die strategischen Technologien, die wir für die Wirtschaft der Zukunft benötigen. „Der Fonds für Wettbewerbsfähigkeit wird Forschung und Innovation in industrielle Stärke und hochwertige Arbeitsplätze verwandeln. Deshalb ist er eng mit dem Programm „Horizont Europa“ verknüpft, dessen Mittel wir verdoppeln wollen.“ Der Fonds für Wettbewerbsfähigkeit wird über ein einziges Zugangstor und nach einem einheitlichen Regelwerk funktionieren. „Jedes Unternehmen in jedem Mitgliedstaat und in jeder Region muss leicht darauf zugreifen können.“ 

Dritte Säule: das Instrument „Europa in der Welt“

Die Kommission hat vorgeschlagen, die Ausstattung des Instruments „Europa in der Welt“ um 75 Prozent zu erhöhen: „Der Grund dafür ist offensichtlich. Über Global Gateway wollen wir in Energieversorgungssicherheit und Rohstoffe investieren. Wir reagieren damit auf den steigenden Bedarf an humanitärer Hilfe auf der ganzen Welt. Wir bauen so unsere Partnerschaften mit Drittländern durch neue Abkommen aus und erzielen Fortschritte bei unserer Energieversorgungssicherheit, unserem Zugang zu Rohstoffen, dem Migrationsmanagement und unserer Wettbewerbsfähigkeit auf globaler Ebene. Und ganz entscheidend ist die Unterstützung der Ukraine, für Moldau und den Westbalkan auf ihrem Weg zur Mitgliedschaft.“ 

Strategisch planen, flexibler agieren

Von der Leyen betonte, die EU müsse jetzt Entscheidungen für die Welt von 2034 zu treffen. Eine Welt, die womöglich durch Geopolitik oder KI von Grund auf verändert wird. „Also müssen wir selbstverständlich strategisch planen, aber wir müssen ebenso unsere Finanzierung flexibel an neue Gegebenheiten anpassen können. Dies liegt unserem Vorschlag zugrunde. Statt einer Entscheidung alle sieben Jahre und ständiger Krisenbewältigung danach möchten wir dem Jahreshaushalt eine größere Rolle bei der Finanzierung unserer Prioritäten einräumen. Aus diesem Grund schlagen wir einen neuen Lenkungsmechanismus vor, um gemeinsam in einem strukturierten Dialog die politischen Prioritäten herauszuarbeiten.“

Verzögerungen kann sich die EU nicht leisten

Abschließend verwies die Kommissionspräsidentin darauf, dass der nächste Mehrjährige Haushaltes ab 2028 gelten soll und jede Verzögerung auf Kosten aller in Europa ginge. „Das wissen wir, weil es leider schon einmal passiert ist. Nach unserer Prognose wird bis Ende 2027 fast ein Viertel des derzeitigen Haushalts die Begünstigten nicht erreicht haben. Das sind rund 340 Milliarden Euro. Und das in einer Zeit, in der wir dringend in die Verteidigung, in Gigafabriken, in die Senkung der Energiekosten und vieles mehr investieren müssen. Wir können es uns einfach nicht leisten, Milliarden ungenutzt zu lassen. Meine Botschaft ist ganz einfach, meine Damen und Herren Abgeordneten. Wir müssen die Art und Weise ändern, wie wir Ausgaben tätigen. Und darum geht es im neuen Vorschlag.”

Regelmäßiger Austausch und Dialog

Von der Leyen betonte, dass es bei den Verhandlungen auf alle ankommt und dass das Kommissionsteam dem Europäischen Parlament für regelmäßigen Austausch und Dialog zur Verfügung steht. „Der neue Haushalt bietet die Chance, unsere Union zum Besseren und dauerhaft zu verändern. Wir können sie stärker und agiler aufstellen. Strategisch klüger und reaktionsfähiger. Unabhängiger und demokratischer. Lassen Sie ihn uns gemeinsam Wirklichkeit werden.“ (Schluss)
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